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JGA – Julius gibt alles „Für die wenige Zeit, die wir uns kannten, haben wir sie an diesem Tag doch ganz gut genutzt, oder nicht?“ (S. 328) Julius‘ bester Freund Raphael ist unheilbar krank und hat nur noch kurze Zeit zu leben. Darum hatte er sich bei „The Walking Date“ angemeldet, eine Art Tinder für Menschen, die sich vor ihrem baldigen Tod noch einmal verlieben wollen. Dort hat er Nala kennengelernt, der es genauso geht. Leider hat er nicht damit gerechnet, dass sie ihn treffen will, er kann nämlich kaum noch das Bett, geschweige denn die Wohnung verlassen. Doch enttäuschen will er sie auch nicht, also „zwingt“ er Julius, an seiner Stelle zu dem Date zu gehen. Das Treffen läuft natürlich nicht gut. Raphael hat Julius nicht gesagt, über was er mit Nala geschrieben hat und im Gegensatz zu ihm ist Julius weder an Literatur, noch Kunst interessiert. Wenigstens hält sie seinen Heuschnupfen für ein Symptom des cerebrale Lymphoms, an dem er angeblich leidet. Außerdem hat er ihm verschwiegen, dass er Nala zur jährlichen Feier ihres sehr Vaters begleiten soll. So nimmt das Unheil seinen Lauf. Nala ist Paartherapeutin und hört auch im Privatleben nicht auf, sich selbst und alle anderen zu analysieren. Das macht es für Julius noch schwerer, ihr etwas vorzuspielen. Zumal die Behauptung, er würde bald sterben und vorher sein ganzes Vermögen verschenken (eine weitere Notlüge), immer größer Kreise unter seinen Freunden und Geschäftspartnern zieht. Bald weiß er nicht mehr, wie er da je wieder raus kommen soll. Einzig Nalas 90jährige Oma Henriette, die aussieht wie Karl Lagerfelds Zwilling und als verrückt gilt, schaut hinter Julius‘ Fassade und wird zur unerwarteten Hilfe. Sie habe ich besonders ins Herz geschlossen. Sebastian Fitzek hatte mich schon mit seinen anderen beiden Nicht-Thrillern sehr gut unterhalten und auch „Horror-Date“ war wieder ein Highlight für mich. Es ist lustig und traurig, überrascht und macht nachdenklich. Slapstick wechselt mit Drama und Lach- mit echten Tränen. Ich hätte nicht gedacht, dass man das Thema Sterben so humorvoll und leicht erzählen kann, ohne dem Ganzen seine Tragik zu nehmen. Und mit dem, was bei dem Date alles schief geht, hat er den Vogel abgeschossen. Immer wenn man denkt, der Tiefpunkt wäre für Julius längst erreicht, kommt es noch schlimmer. Statt auf seinem JGA ist er auf dem Anwesen ihres Vaters, Schloss Alt–Freudental am Schwielowsee, und muss vor der ganzen Familie den Todkranken mimen – ohne zu verraten, dass auch Nala betroffen ist, deren Familie noch nichts davon weiß. „Ich brauche an diesem Wochenende jemanden in meiner Nähe, der versteht, wie es mir geht. Weil er mein Schicksal teilt.“ (S. 108)