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Das große Schweigen „Es hat schon immer zwei Margos gegeben, eine davon ist Ma, nur unsere Ma, und die andere ist Margo, die allen anderen gehört oder in ihrer eigenen Welt lebt. Im Augenblick ist sie, Margo – sie denkt nicht an uns.“ (S. 340) Margo und Richard waren DAS Liebespaar der Isle of Wight, führten als Schriftsteller und Kolumnistin eine erfolgreiche Künstlerehe, hatten 3 bezaubernde Töchter und schmissen trotzdem die besten Partys der Gegend. Bis zu dem Tag, als Richard die Familie verließ, Margo sich für Monate auf ihrem Zimmer einschloss und die Mädchen sich selbst überließ. Wenn Familie und Freunde nicht gewesen wären, hätte ihr die Fürsorge die Mädchen weggenommen. Als sich Margo endlich wieder gefangen hatte, nahmen alle ihren Mädchennamen an und sie durften nie wieder über oder von Richard sprechen. Jetzt sind die Mädchen erwachsen, haben das Trauma des Verlassenwerdens und das große Schweigen nie verwunden. Außerdem gibt ihnen Margo das Gefühl, nicht gut genug zu sein, ihren Anforderungen nicht gerecht zu werden. Also hängen sie in Lebensentwürfen fest, die sie nie wollten. „Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal so eng mit Margos Leben verstrickt sein würde…“ (S. 129) Rachel führt mit ihrem Mann Margos und Richards Leben weiter. Sie haben eine sehr liebevolle Beziehung, leben mit ihren Kindern in deren ehemaligem Haus und verfolgen ihre Karrieren. Aber Margo, die eigentlich ein eigenes Haus hat, ist ständig da, mischt sich ein und veranstaltet ihre legendären Partys weiter hier. „Sie hatte immer schon gewusst, dass Venedig für sie eine Bedeutung haben würde, weil ihre Eltern dort die Flitterwochen verbracht hatten.“ (S. 15) Imogen schreibt Theaterstücke und hat gerade den Durchbruch geschafft. Sie verlobt sie sich mit dem älteren William, weil er zuverlässig und gut für sie ist – und Margo es erwartet. Doch dann verliebt sie sich bei den Proben in jemand anderen und traut sich nicht, es William und ihrer Familie zu sagen. Sie flüchtet sich in ein Doppelleben, das sie zerstören könnte. „Sie vermisse das Mädchen, dass sie eins gewesen war, als sie sich noch gemocht hatte und ohne die Last der Enttäuschung aufgewacht war, ohne die Last des Geheimnisses, das für sie keins mehr war, und der Mauer, die dies zwischen ihr und ihrer Familie errichtet hatte.“ (S. 95) Auch Sasha ist nicht glücklich ihn ihrem nach außen hin so perfekten Leben mit ihrem fürsorglichen Ehemann. Außerdem hat sie heimlich Kontakt mit Richard aufgenommen … Georgina Moores „Die Garnett Girls“ ist eine interessante Familienstudie über die einzelnen Beziehungen und Verbindungen der Frauen untereinander, die alles überstrahlende Mutter und den alles überschattenden verschwundenen Vater. Die Töchter, inzwischen Frauen, suchen unbewusst einen Ersatz für ihn und finden dabei nicht immer den richtigen. Ihre Mutter mischt sich ein, weil sie ihnen ihr eigenes Schicksal ersparen will, geht dabei aber leider nicht besonders geschickt vor und berücksichtigt die Bedürfnisse ihrer Töchter nur bedingt. Ein gemeinsamer Sommer – ein ganzes Leben – voller Geheimnisse, die ans Licht drängen, das alles ist Garnett-Girls. Gut geschrieben, nicht immer fesselnd, aber aufschlussreich.