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WG als Wahlfamilie Als Zahnärztin Constanze nach der Trennung von ihrem Freund schnell eine neue Unterkunft braucht, zieht sie in die WG des reiselustigen Rentners Jörg, der Schauspielerin Anke und des lebenslustigen und stets optimistischen Murat. Nur vorübergehend, ist sie überzeugt. Sie ist schließlich schon eine Weile aus dem Studentinnenalter raus, die WG ist zweckmäßig und kostensparend, gerade im teuren Hamburg, wo günstige Wohnungen eher Mangelware sind. Doch der Titel von Isabel Bogdans Roman "Wohnverwandtschaften" macht schon klar: es kommt anders. Aus Fremden werden Freunde, aus Freunden eine Wahlfamilie. Auch wenn sich manches erst einmal einspielen muss. Anke freut sich einerseits, nicht mehr die einzige Frau zu sein, fühlt aber auch Eifersucht, als sie vermutet, dass Constanze und Murat eine gemeinsame Nacht verbracht haben. Gerade, weil sie in ihrem Beruf mit 50 plus plötzlich nicht mehr gefragt ist mit Rollen. Die finanziellen Probleme sind da nur ein Aspekt, auch Ankes Selbstwertgefühl bricht zusammen. Zur Wahlfamilie werden die Jüngeren auch für Jörg, den verwitweten Wohnungsbesitzer. Sein Sohn und dessen Familie leben in Südfrankreich, da sieht man sich nicht so oft. Und bekommt auch nicht mit, was vor allem Constanze und Anke zunehmend auffällt: Jörg wiederholt sich oft, wird vergesslich. Ist er einfach nur zerstreut, oder steckt mehr dahinter? Murat, der sorglose Sonnenschein der WG, spielt die Sorgen der beiden herunter, bis die Auffälligkeiten offensichtlich werden. Und auch Jörg, anfangs genervt von den Vorschlägen der Mitbewohnerinnen, sich doch mal untersuchen zu lassen, merkt, dass etwas nicht mehr stimmt. Leicht geschrieben, aber mit ernsten Tönen, geht es in Bogdans Buch um Beziehungsprobleme, Altersdiskriminierung und Demenz, aber auch um Freundschaft, Fürsorge, Solidarität und gegenseitige Unterstützung. Die Balance zwischen Humor und Ernst wird gut gehalten. Dabei werden die kurzen Kapitel aus der Perspektive jeweils eines der WG-Bewohner, manchmal auch als Beschreibung der Gedanken und Gefühle aller geschildert. Unsentimental und warmherzig macht Bogdan ihre Leser*innen zu Mitbewohnern der WG, die ich gerne durch das Buch begleitet habe.