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awogfli

Posted on 12.5.2024

Eine sehr interessante Geschichte einer dysfunktionalen jüdischen Familie Jeruscher über mehrere Generationen hinweg. Leider ist der Buchtitel Programm aber weniger des Inhalts, sondern des Plots wegen, das heißt „Nochmal von vorne“ bedeutet mit unzähligen Zeitsprüngen vor, zurück, dazwischen, ohne stringente Handlungsstränge, das ist leider sehr anstrengend und man muss sich die komplette Familienchronik schrittweise und mühsam zusammenpuzzeln. Wenigstens habe ich nicht komplett den Faden im Gewirr der Zeiten verloren so wie beim letzten Buch, denn die Familie bleibt sehr stabil von den Figuren her. Irgendwann, wenn sich die Schnipsel verdichten und ein paar Teile chronologisch und logisch bereits zusammenpassen und einrasten wird es etwas leichter, das Gesamtbild zu rezipieren und einzuordnen. Aber das dauert eben. Viele Leute sind von einer solchen Schreibmethode sehr angetan, ich als literarische Realistin habe es lieber weniger durcheinander. Andererseits geht es in der Familie tatsächlich drunter und drüber, was der Stil eben auch unterstreichen möchte. Ansonsten ist die Familiengeschichte sehr gut, die Figuren sind zwar gut gezeichnet, aber das erkennt man lange nicht durch den dekonstruierten Schreibstil. Worum geht es? Um Streitbare, Zerstrittene über Generationen, die sich hin und wieder auch arrangieren, jüdische Identität, Großeltern aus Rumänien ausgewandert ins gelobte Land, Vater und Onkel aus Israel, irgendwann zog der Vater wegen der Liebe nach Deutschland und gründete dort eine Familie. Leider ist er nicht ganz so erfolgreich, wie er und seine linke deutsche Frau sich das erträumt haben, deshalb ist die Ehe auch eine einzige Katastrophe. Ihre Kinder, die beiden Schwestern Nadja und Rosa sind sehr unterschiedlich und dennoch manchmal sehr ähnlich, aber über die Jahre hinweg meist spinnefeind. Erst als der Vater stirbt, nähern sie sich als Erwachsene nach Ewigkeiten wieder an. Die ganze Mischpoche ist ein wirres Durcheinander, was durch die Schreibweise auch noch verstärkt wird. Sehr oft blitzen auch dieser jüdische Fatalismus und der Humor durch. […] sofort fällt mir ein, dass das nicht der richtige Zeitpunkt ist, an so etwas zu denken, und ich fühle mich gleich ein bisschen schuldig, denn immer, wenn etwas Schreckliches passiert, muss ich sofort an etwas lustiges denken, ich lüfte jedem Gespenst das Leintuch und entdecke darunter etwas unendlich Witziges, und es ist fast so wie bei meiner Mutter, die auch nie den Schrecken für sich stehen lassen konnte. Fazit: Ich mochte den Roman in der Endabrechnung, wenngleich ich einen etwas mühsamen Gewöhnungsprozess durchlaufen musste. 3,5 Sterne aufgerundet auf 4

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