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evaczyk

Posted on 25.2.2024

Weißer Jäger im Herzen der Finsternis Mit "Trophäe" ist der belgischen Autorin Gaea Schoeters ein großer Wurf gelungen, obwohl und vielleicht gerade weil er eine Welt und Wertvorstellungen schildert, die laut ihrem Interview auf der Verlagswebseite so gar nichts mit ihrer eigenen Lebensphilosophie zu tun hat. Sie sei eine, die wohl einen Moskito eher an die frische Luft tragen als töten würde. Bei ihrem Protagonisten dagegen kann man sagen: nomen est omen. Der Mann heißt Hunter White und ist in der Tat ein weißer Jäger in Afrika, eigentlich eine selbst langsam aussterbende weil nicht mehr zeitgemäße Alphamännchen-Sorte, die die meisten Menschen überhaupt nicht brauchen. Wo der Roman spielt, bleibt offen, die Andeutungen sprechen für ein Land im südlichen Afrika, doch das bleibt vielleicht absichtlich vage, denn Afrika ist für Hunter nur Kulisse, notwendiges Übel, der Ort eben, an dem er die Tiere findet, die er jagen will. Zu dem Kontinent, zu den Menschen, die dort leben, hat er keinerlei Bezug, sieht sie nur in ihrer Funktion als Fährtenleser, Fahrer, Servicepersonal. Er versucht auch gar nicht erst, irgendwelche Beziehungen aufzubauen - kurz, er ist ein Typ, den ich, würde er mir im realen Leben begegnen, als ziemlichen Kotzbrocken bezeichnen würde. Als Jäger, der die "Big Five" vollmachen und ein Nashorn erlegen will, sieht sich Hunter als Naturschützer und argumentiert so, wie man es auch von der Jagdlobby bei der Rechtfertigung von Jagdreisen kennt: Dass die Jäger ein Regulativ sind, dass die Einnahmen aus der Jagd in den Naturschutz fließen, das Tiere geschossen werden, die aus dem Genpool entfernt werden sollen, damit jüngere, stärkere Tiere sich fortpflanzen. Dabei schafft es die Autorin, die Leidenschaft für die Jagd, für das Messen von Stärke, die Pirsch, die Ethik des Jagens so darzustellen, dass Hunters Liebe zur Jagd durchaus nachvollziehbar und verständlich ist, ähnlich so, wie Hemingway über den Stierkampf schrieb: Muss man nicht mögen, aber die Faszination an dem blutigen Spiel lässt sich verstehen. Damit könnte sich Schoeters begnügen - Der Jäger, seine Beute, seine Ethik, die Moral der Geschichte, doch sie bringt noch ein zusätzliches, ebenso erschreckendes wie faszinierendes Element hinein, als Hunter von seinem Jagdfreund gefragt wird, ob er denn auch die "Big Six" kennt und mit einem indigenen Stamm auf dessen Jagdgebiet in Kontakt gebracht wird, das völlig im Einklag mit der Natur lebt, doch dafür auch einen hohen Preis zu zahlen bereit ist. Hunter erhält ein Angebot, das nicht nur seinen moralischen Kompass auf den Kopf stellt, sondern auch Leser:innen erst mal einiges abnötigt. Letztlich vermutlich die letzte Konsequenz einer Jagd, bei der die Grenzen zwischen Jäger und Beute, zwischen Menschlichem und Tierischem verschwimmen, ethische Regeln in Frage gestellt und das Gesetz des Überlebens zur einzigen Norm wird. Zwischen den Abschnitten des Buches wird wiederholt aus Joseph Conrads "Herz der Finsternis" zitiert, das ja im Kongo spielt, dem einstigen privaten Eigentum des belgischen Königs Leopold und Paradebeispiel für die Schrecken und Grausamkeiten von Kolonialherrschaft. Hunters Jagd wird eine ganz eigene Reise in die Finsternis. Das Ergebnis ist ein faszinierendes, großartig geschriebenes Buch, das in seiner Radikalität ebenso erschreckend wie grandios ist.

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