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awogfli

Posted on 10.10.2023

Ich glaub ich bin eine der wenigen, die auf die Autorin durch ihre Schreibschwester Susanne Kristek aufmerksam geworden ist, die Martina Parker in ihrem zweiten Roman erwähnt hat. Bei mir ist es also umgekehrt als beim Rest, denn Martina Parker ist ja schon viel bekannter als ihre Freundin. Aber nun zu diesem Roman, der Regionalkrimi, der im Burgenland spielt, ist figurenmäßig recht liebevoll entwickelt, die Gegend und das Brauchtum um die Weihnachtszeit im Südburgenland werden konsistent und sehr gut gemacht in die Geschichte eingewoben. Auch der Krimiplot ist durchaus nicht unspannend, der/die TäterIn, natürlich verschleiert, damit ich nicht spoilere, werden nicht durchsichtig, ein kleines bisschen überraschend, aber von der Motivlage nicht so abstrus und an den Haaren herbeigezogen, dass man mit dem Kopf schütteln müsste, präsentiert. Insofern hat der Roman für mich schon fast alle Hygienefaktoren von Krimihandlung, Spannung und Figuren erreicht, damit er in meiner Bewertung über die Mittelline kommt. Die informativen Tipps regionaler Fauna im Garten und der Region waren ein Add-On, das ich auch sehr wohlwollend beurteilen möchte. Habe sogar noch etwas Wichtiges gelernt, was man mir als Kind völlig falsch erzählt hat, um mich zu erschrecken. „Wer Ohrenkneifern beim Überwintern helfen will, füllt einen Topf mit Stroh oder Holzwolle, dichtet die untere Seite mit einem Zwiebelnetz ab und hängt den Topf im Garten auf. Ohrwürmer sind Nützlinge, sie ernähren sich von Blattläusen, Wicklerraupen und Spinnmilben und vernichten Mehltau. Ihr Name rührt daher, dass die Insekten früher getrocknet und als Pulver für Schwerhörige verabreicht wurden.“ Genau, diese beschissenen missbrauchenden Erwachsenen, die in der Anwendung von schwarzer Pädagogik mit Fake Meldungen, dass die Ohrenkneifer in Ohren kriechen und das Trommelfell zerschneiden, kleine Kinder wie auch mich zu Tode geängstigt haben, hätten bitte einfach den Mund halten und keinen esoterischen Aberglauben verbreiten sollen, der nur dazu da ist, Kinder grundlos zu terrorisieren. Sorry, dass ich da so wütend werde, aber was habe ich mich vor diesen Tieren als Kind gefürchtet, weil mir so ein Schwachsinn eingetrichtert wurde. Es gibt eh genug reale Gefahren für ein Kind. Ein kleiner Aspekt des Plots hat mir auch gut gefallen, nämlich die Figur des bildungsbürgerlichen naturliebenden Öko-Städters, der aufs Land zieht und dann sofort gegen seine Nachbarn mit Anzeigen gegen krähende Hähne, läutende Kirchenglocken, bellende Hunde und Güllegeruch vorgeht, was sich bis zum gerichtlich ausgetragenen unlösbaren Konflikt auswachsen kann. Ich kenn ja die Autorin nicht, aber bei solchen Konstellationen im Plot, die sie selbst famos zu konzipieren wusste, war sie mir einfach oft sprachlich zu wenig schwarzhumorig und bissig, möglicherweise ist sie ein viel zu sehr harmonisierender, liebenswürdiger Mensch. Hier wäre das Potenzial für viel mehr Spott und Schandmaul angebracht gewesen, was ich sehr bedauere. Zwei Figuren, nämlich die Protagonisten und Polizeibeamten Marlies und Franz waren mir auch noch zu wenig tief entwickelt, das mag aber daran liegen, dass ich in die Reihe mit Band 4 eingestiegen bin und sich die Autorin mit redundanter Ausbreitung der Figurenhintergründe nicht ihre Kernleserschaft durch Langeweile verprellen wollte. Herzlichen Dank auch für die Aufmerksamkeit, die in der Geschichte dargereichten Speisen im Anhang auch noch mit Rezepten und Kochanleitungen zu versehen. Das weiß ich sehr zu schätzen und bin schon massiv an den Grammelpogatscherl interessiert. Fazit: Solide Regionalkrimiunterhaltung, die ich empfehlen kann. 3,5 Sterne wohlwollend aufgerundet auf 4 P.S: Der nächste Band spielt übrigens beim Musikfestival Bildein (Picture-On) in der Gegend. Ich freue mich schon drauf, weil ich das Festival kenne und mir gut vorstellen kann, dass hier eine neue, spannende Krimihandlung entstehen kann.

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