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awogfli

Posted on 3.2.2023

Diesmal kann ich Euch ausnahmsweise einen guten Regionalkrimi empfehlen, der in dem ansonsten schon sehr strapazierten und von nicht gerade Profis bevölkerten Genre herausragt, denn er hat alles, was einen guten Krimi ausmacht: Ein interessantes Hintergrundsetting, liebevoll entwickelte Figuren und einen spannenden Plot, der tatsächlich lustiges Mörderraten garantiert. Aber zu den einzelnen Komponenten, die diese gute Mischung ausmachen. Als Rahmen bietet die Location von Salzburg inklusive mehrerer Orte des Salzkammergutes ein wundervolles beschreibenswertes Ambiente, in dem die Handlung eingebettet ist. Es geht um Kunst, Kunstraub und damit verbundenem Mord in der Stadt Salzburg. In Hallstatt wird 1998 ein Bild gestohlen und der Besitzer, der den Dieb überrascht hat, wird dabei erschlagen. Da es keine genauen Hinweise gibt und die Polizei auch nicht wirklich die Hintergründe ermitteln will, wird der Fall zu den Akten gelegt. Cold Case also. In der Gegenwart wird in Salzburg der Kunstsachverständige Bachmann erhängt in seinem Badezimmer aufgefunden. Alle tippen auf Selbstmord nur Chefinspektor Ruprecht hat ein anderes Bauchgefühl, denn Bachmann hat mitten im Schreiben einer Expertise abgebrochen, so als ob er von jemandem gestört worden wäre und sich nicht umbringen wollte. Der siebte Sinn des Instpektors hat ihn nicht getäuscht, nachträglich wird die Selbstmordthese von der Gerichtsmedizin widerlegt und Ruprecht findet in Eigenregie, nachdem die Spurensicherung aufgrund der Selbstmordthese die Wohnung nur oberflächlich durchsucht hat, ein Bild, das sich nach Diskussion mit seinem Kollegen, der früher im Bezirk Gmunden/Hallstatt gearbeitet hat, als das 1998 geraubte Bild des berühmten Malers Lamthaler herausstellt. Zudem findet er in der Nische im Bücherregal, die nur durch eine Fernbedienung zu öffnen ist, auch noch die Key Card zu einem Self Storage Lager, in dem er mehrere teure Gemälde zum Beispiel von Nolde und Kokoschka entdeckt. Nun ist klar, hier handelt es sich um organisierten Kunstraub mit vielen beteiligten Personen. Auch die Figuren sind sehr liebevoll entwickelt. Der Kommissar ist ein recht bodenständiger Mensch, dem man das abnimmt. Auf jeden Fall nervt er die Leserschaft überhaupt nicht mit seinen intellektuell verschwurbelten Gedanken. Somit steht er wohltuend in Kontrast zu den Protagonisten der Kunstszene. Er hat ein paar prinzipielle Probleme mit seinem Chef, Aufsteiger und Günstling Wieland, der sich immer andient, nach oben absichert und mit Ruprecht vor allem bezüglich der undorthodoxen Ermittlungsmethoden etwas abseits des Dienstweges in Konflikt steht. Im Prinzip ist er zwar ein typischer, aber kein bösartiger Chef, der immer auf die Außenwirkung bedacht ist. Deshalb hat ihm Ruprecht vorerst auch nichts vom Warenlager und den Bildern erzählt, er ermittelt immer so lange unter dem Radar seines Vorgesetzten, bis er Beweise hat und der Chef handeln muss, weil er ihn vor vollendete Tatsachen stellt. In einer spannenden und gefährlichen Schnitzeljagd, die in Monfalcone endet und in die auch Ruprechts Nichte hineingezogen wird, weil sie offensichtlich das Talent ihres Onkels geerbt hat und ihre Spürnase immer in fremde Angelegenheiten stecken muss, wird die Organisation an Kriminellen entflochten und die Täter (zumindest einen hatte ich nicht auf dem Schirm) enttarnt. Was hier Anlehnung an die Vorbilder der skandinavischen Krimis oder vielleicht auch in Anlehnung an die Realität im Alltag auch thematisiert wird, sind die Beziehungen der Teams, die unterschiedlichen Polizeieinheiten und Funktionen: Die Probleme in der Befehlskette bis ganz nach oben, die Konflikte, die in den unterschiedlichen Funktionen liegen, die Konkurrenz zwischen den Einheiten Oberösterreichs und Salzburgs, da im Salzkammergut die Grenze ja mittendurch läuft, die historischen Troubles zwischen Gendarmerie, die es 1998 noch gab und Polizei, die durch Zusammenlegung der Einheiten entstand und die vorbildliche Kooperation mit den Italienern aus FriuliveneziaGiulia, die auch nur auf persönlichen Kontakten fußt und deshalb so gut funktioniert. Hier wird meiner Meinung nach sehr gut das Geflecht von Polizeiorganisationen beschrieben und die Konflikte und Kompetenzprobleme erörtert. Sehr gut wird durch die Recherche des bodenständigen Inspektors und durch seinen sezierenden Blick auch die nationale und internationale Kunstszene, der Kunstmarkt, und die beteiligten Protagonisten wie Sachverständige, Museumskuratoren, Galerien, Auktionshäuser, Sammler, Hehler, Diebe, Transporteure, Kriminelle usw. beschrieben, teilweise augenzwinkernd und entlarvend, auf jeden Fall sehr realistisch. Der Titel des Krimis Blanke Gier wurde aus diesem Metier entnommen. Nach dem Finale wartet noch ein Sahnehäubchen auf die Leserschaft. Der Herr Inspektor weiß nämlich gut zu speisen und im Anschluss an die Geschichte sind die meisten Rezpte, die im Buch gekocht und konsumiert wurden, angeführt. Leider fehlt das Gericht mit den Schwammerln, das hätte mich am meisten interessiert. Könnten Sie das noch nachreichen Herr Kaufmann? Ich bitte inständig darum. Fazit: Ein Regionalkrimi, den ich wieder einmal empfehlen kann.

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