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evaczyk

Posted on 15.1.2023

Risse einer Kleinstadt Ein 7000-Einwohner-Ort an der isländischen Küste - Der Schauplatz Akranes in Eva Björg Aegisdottirs Island-Krimi "Verschwiegen" klingt erst einmal idyllisch. Fast alle kennen sich, die Verbrechensrate ist niedrig und Großstadtpolizistin Elma, die nach dem Aus einer mehrjährigen Beziehung in ihren Heimatort zurückkehrt, hat zunächst überwiegend mit Trunkenheitdelikten, Verkehrsufällen und Kneipenschlägereien zu tun - bis dann eine tote Frau am Fuß des alte Leuchtturms schon halb im Meer gefunden wird. Wie sich herausstellt, stammte auch sie aus Akranes, doch kaum jemand will sich an das Mädchen Elisabeth erinnern. das schon als Kind immer außen vor war: Der Vater starb bei einem Unglück auf See, wenig später auch der gerade zwei Wochen alte kleine Bruder am plötzlichen Kindstod. Elisaeths Mutter lässt sich nach dem doppelten Schicksalsschlag völlig gehen, Schule und Sozialamt kümmern sich nicht um Erscheinungsbild und Auffälligkeinen von Elisabeth. Warum sie, mittlerweile Pilotin, verheiratet und Mutter zweier Kinder, nach Akranes zurückgekehrt war, ist den Ermittlern zunächst ein Rätsel. "Verschwiegen" hat zwei Erzählperspektiven - einmal die Ermittlungen in der Gegenwart, in Kursivtext davo abgesetzt die Erlebnisse und Erfahrungen des sechs- bis neunjährigen Mädchens Elisabeth. Die Leser ahnen daher sehr viel früher als die Ermittler, welches Geheimnis Elisabeth mit sich herumschleppte. Die scheinbar heile Welt von Akranes bekommt tiefe Risse, ähnlich wie der von Vulkanaktivität aufgerissene Boden der Stadt. In Aegisdottirs Roman geht es nicht nur um die Aufklärung eines Mordes, das Buch ist zugleich das Psychogramm einer Kleinstadt, in der unschöne Geheimnisse jahrzehntelang gehütet werden und Schweigen, Wegschauen und Ignorieren die Instrumente sind, mit den übertüncht wird, was nicht wahrgenommen werden soll - Mobbing, Missbrauch, häusliche Gewalt, Macht- und Einflusstrukturen scheinen sich von Generation zu Generation zu übertragen. Für Elma ist die Rückkehr in die scheinbar vertraute Kleinstadt vertrackt - die Bande zu alten Schulfreundinnen sind lose geworden. Wem hat sie überhaupt noch etwas zu sagen, wer verschweigt ihr möglicherweise etwas? Aegisdottir nimmt sich Zeit, das Setting zu setzen und die Personen einzuführen. Nicht nur der dunkle isländische Winter sorgt hier für düstere Stimmung, auch die Themen sorgen für dunkle Akzente. Insofern ist es in der Tat ein sehr skandinavischer Krimi, geprägt von einer ruhigen Erzählweise und eher psychologischer Spannung. Das ganz Drama des Falls entfaltet sich erst nach und nach, und auch über Elma gibt es auf den letzten Seiten noch etwas Neues zu erfahren. Mir hat "Verschwiegen" gut gefallen. Zwischen Gletschern und Vulkanen kann hier im nordischen Wonter einiges ans Licht gebracht werden. Das Potenzial für weitere Fälle mit Elma und ihren Kollegen ist klar vorhanden.

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