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Achtsame Zeitreise in die 80-er Drei Romane lang konnten die Leser von Karsten Dusses achtsam-humorigen Kriminal den Weg des vor einem Burnout stehenden Anwalts Björn Diemel auf seiner Sinn- und Lebenskrise verfolgen. Wie viele Alphamännchen hatte sich Diemel wenig Gedanken über Achtsamkeit, Meditation oder sein inneres Kind gemacht. Bis ihm Joschka Breitner, Achtsamkeitscoach für gestresste Manager, den Weg zur Selbsterkenntnis wies. Dass ein paar Leichen Diemels Weg säumten und er sich an der Spitze von gleich zwei kriminellen Gruppen wiederfand war gewissermaßen Kollateralschaden. Achtsam Morden war ein Angriff auf die Lachmuskeln und auch die Folgebände waren durchaus vergnüglich zu lesen. Allerdings haben Romanserien das Problem, dass irgendwann auch mal alle Varianten ausgereizt sind. Folgerichtig geht es in "Achtsam morden im Hier und Jetzt" ganz besonders um Joschka Breitner, genauer, wie er zu dem Achtsamkeitscoach wurde, der er heute ist. Dabei schickt Dusse seine Leser auf eine Zeitreise in die 1980-er Jahre. Denn Anwalt Diemel findet bei einem seiner Coaching-Termine seinen Therapeuten überl zugerichtet auf. Wer immer dem Coach schlecht gesonnen war, hatte es auf ein Buch abgesehen - so viel erfährt Diemel noch, ehe Breitner in Ohnmacht fällt. Klar, dass Diemel nicht untätig bleiben kann. Er findet denn auch Breitners Tagebuch aus den frühen 1980-er Jahren, in denen dieser seinen Ausbruch aus den bürgerlichen Erwartungen und dem Leistungsdruck zum Bhagwan nach Indien beschreibt. Das Leben im Ashram war die eigentliche Geburt des Joschka Breitner, so wie die Leser der drei vorangegangenen Romane ihn kennen. Aber auch hier zeigt sich, es kann der Beste nicht achtsam leben, wenn es einem materialistisch-rabiaten Nachbarn nocht gefällt. Oder wenn Geschäftemacherei und Profitdenken den Traum vom besitzlosen aber glücklichen neuen Menschen im Ashram zunichte macht. Beim Versuch, ein übles Komplott aufzudecken, gerät Breitner in große Gefahr und handelt auf eine Art und Weise, die eigentlich seinem Wesen völlig widerspricht. Sein Leben und seine Arbeit als Achtsamkeitscoach sind nach dem Lesen des Buchs jedenfalls in einem ganz neuen Licht zu lesen. Wer sich noch an die "Bhaggy"-Diskos mit den Sanyassin erinnerte (ganz zu schweigen von elterlichen Ängsten, die Kids könnten dort in die Fänge einer Sekte geraten) dürfte beim Lesen öfters scmunzeln. Und unterhaltsam ganz in der bewährten Art der Vorgänger ist auch dieses Buch. Trotzdem gefällt es mir nicht ganz so gut wie seine Vorgänger, auch wenn der achtsam-ironische Stil Dusses auch hier wieder überzeugt. Das liegt zum einen daran, dass die liebgewonnenen Nebenfiguren aus der Welt des organisierten Verbrechens diesmal kaum eine Rolle spielen. Zum anderen merkt man dem Buch die Schwierigkeiten an, etwas Neues schaffen zu müssen ohne die Gefahr einer Wiederholung. Für Fans dennoch ein Muss.