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Das stumme Kreuz „Ich sitze in der Falle, Reinhild. Zumindest fühlt es sich so an. Meine Pflichten erstrecken sich plötzlich nicht mehr nur auf mich oder uns beide oder die Familie, sondern haben sich mehr oder weniger über Nacht vervielfacht.“ (S. 396) Es ist immer noch unwirklich für Conlin und Reinhild, dass sie sich wirklich verlobt haben, schließlich ist sie erst seit zwei Monaten Witwe und ihr Mann war sein bester Freund. Zudem ist Conlin seit kurzem Landgraf von Langenreth und steckt mitten im Aufbau seines Geschäftes mit Sicherheiten, für das ihm noch Kapital fehlt. Auch sein Freund Palmiro hat ein Problem. Dessen Ziehvater engagiert einen angeblichen ehemaligen Söldner als Wachmann für ihn, ohne zu ahnen, dass der ein Spion des Inquisitors Erasmus von London ist und nach Palmiro sucht, weil vermutet wird, dass der ein Ketzer ist und den Gralsschatz versteckt haben soll. „Das Geheimnis des Pilgers“ ist der zweite Band der Pilger-Trilogie von Petra Schier und ich würde unbedingt empfehlen, vorher den ersten zu lesen, damit man die ineinander verwobenen Handlungsstränge, die Beziehungen unter den Protagonisten und die Hinweise auf deren Vergangenheit versteht. Das Highlight der Reihe ist eine Reliquie, das „Kreuz des Zacharäus“, die sich seit Generationen im Besitz von Palmiros Ziehfamilie befindet und ihren Träger vor Gefahren warnt. Conlin ist „nur“ ein zweitgeborener Adeliger, aber nachdem sein älterer Bruder nicht mehr zurechnungsfähig ist, muss er dessen Stellung in und die Verantwortung für die Familie übernehmen. Sein Freund Palmiro hat ihn und Reinhild verkuppelt, weil es zwischen ihnen funkt, aber sie reden sich ein, dass es eine Vernunftehe wird (was ja damals völlig normal war). Reinhild will sich und ihren Sohn durch die Ehe absichern, und Conlin bietet ihr eine Beziehung auf Augenhöhe. Sie darf sogar in seinem Kontor mitarbeiten und ihn beim Aufbau und führen seines Geschäfts unterstützen. Allerdings hat sie Angst, dass er irgendwann hinter ihr dunkles Geheimnis kommt … „Ihr scheint diesem Kruzifix alle geradezu blind zu vertrauen.“ (S. 133) Palmiro ist sehr abenteuerlustig und oft etwas zu leichtsinnig, aber bei Benedikt hat er von Anfang an kein gutes Gefühl, weil er dessen Seelenlicht nicht sehen kann und auch das Kreuz schweigt – hat der Mann gar keine Seele und ist gar ein Abgesandter des Teufels? Außerdem hat Palmiro ein Geheimnis, dessen Aufdeckung seinen Tod bedeuten könnte. Petra Schier verbindet gekonnt mittelalterliche Geschichte und Mystik und schreibt dabei sehr spannend, lebendig und kurzweilig, vor allem die Wortgefechte zwischen den verschiedenen Personen finde ich immer sehr amüsant. Es gelingt ihr, das damalige Koblenz und Umgebung vor dem Auge des Lesers wieder auferstehen zu lassen, auch ihre Protagonisten klingen und verhalten sich ihrer Zeit angemessen. Zudem erfährt man z.B., wie ein Haushalt und Geschäfte funktionierten, welche Rollen Frauen außerhalb des Hauses übernahmen (z.B. die Vertretung ihres Mannes in dessen Geschäft, selten führen sie eigene) und was die Aufgaben der Kleriker waren. Mich hat sie wieder gut unterhalten und ich bin gespannt, wie es im nächsten Band weitergeht.