evaczyk
Ohne Vorkenntnisse nicht ganz einfach Manchmal kann man als Leser auch ohne Vorkenntnisse in eine bereits bestehende Romanserie einsteigen. In "Faust" von Gustav Skördeman funktioniert das nrr sehr bedingt. Zwar gibt es einige Erläuterungen und Hinweise zu den Ereignissen im Vorgängerband "Geiger" und man kann sich so einiges zusammenreimen. Doch beim Lesen hatte ich immer wieder das Gefühl, zu große Lücken zu haben, um die Proagonisten wirklich gut zu verstehen, allen voran die Hauptfigur, die Polizistin Sara Nowak. Was Geheimdienst-Schläfer der Stasi in Schweden zu tun hatten, warum die Stasi ausgerechnet Schweden als Zuflucht für einen neuen Start für RAF-Terroristen ausgewählt haben soll - da fiel mir schon die zeitliche Zuordnung schwer, wann die Handlung eigentlich spielt. Es ist eben alles schon eine Weile her, und ich schreibe das als eine, die sich nicht nur an den Mauerfall erinnern kann, sondern auch Kindheitserinnerungen an den deutschen Herbst und die RAF-Plakate an allen Postämtern (die es damals noch überall in der Nachbarschaft gab - ist wie gesagt lange her) hat. Für jüngere Leser*innen dürfte die Herausforderung also noch grüßer sein. Interessant, spannend und vielschichtig ist der Roman dennoch, denn es gibt ja auch die "private" Sara Nowak, deren Tochter gerade auszieht, deren Sohn mitten in der Pubertät steckt und deren Mann als Konzertveranstalter in einer ganz anderen Welt lebt. Wie sie als Polizistin versucht, die Distanz zum Geldadel zu halten, zu dem auch ihre Schwiegerfamilie gehört, macht Nowak sympathisch. Mindestens ebenso spannend wie die Verstrickungen in Geheimnisse und Geheimdienste ist ein aktueller Fall Saras aus der ganz normalen Polizeiarbeit, bei dem es um die Misshandlung einer Prostituierten geht. Frauenfeindlichkeit, Gewalttätikeit und Exzesse von Männern, die glauben, sich alles kaufen zu können, führen zu einer Eskalation, die Sara buchstäblich nahe geht. Das Buch endet mit schmerzlichen Einsichten und einem Cliffhanger, der neugierig auf die Fortsetzung macht. Und in der Zwischenzeit werde ich sicher noch den ersten Band lesen.