awogfli
Wenn mich ein Krimi schon im ersten Absatz so zum Lachen bringt, dass im Lieblingskaffeehaus vom Nebentisch vier amerikanische Touristen alle zu mir herüberschauen, als sei ich nicht ganz bei Tost, dann könnte es ein Nikowitz sein. Mit gewohnt absurdem Konzept in der Dramaturgie und grandiosem Wortwitz ist zu rechnen „Der Kommissar hatte schon viel gesehen. Aber das hier das war echt was Besonderes. Wegen der ausgeweideten Leiche auch, klar. Wobei er so eine ähnliche sogar schon einmal gehabt hatte, als sich seinerzeit im Mostviertel dieser stille Buchhalter urplötzlich eingebildet hatte, im zweiten Bildungsweg Kannibale werden zu müssen. Obwohl er doch bis dahin Veganer gewesen war.“ Und es geht munter so weiter … Im zweiten Bande der Krimireihe um den Ermittler wider Willen Suchanek, der den Kannibalen von Wulzendorf ermittelt hat, bekommt dieser vom niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll als Dank einen Urlaub versprochen. Als diesen auch tatsächlich frecher Weise massiv und lästig einfordert, wird er von einem genervten subalternen Beamten eine Woche an den Arsch der Welt geschickt. Zusammen mit der Reaktion seiner mit einer Engelsgeduld gesegneten Freundin Susi entwickelt sich das Setting zu Beginn in einen sehr vergnüglichen und ganz normalen Touristenhorror, der aber nicht lange andauert, denn die erste Leiche steht, beziehungsweise hängt schon in den Startlöchern. Die Mordideen, mit denen Nikowitz sein tödliches Feuerwerk abbrennt, sind genial. Opfer Nummer eins stirbt nach der Ceausescu Methode, nackt angebunden und wahrscheinlich von den Gelsen ausgesaugt (muss ich noch verifizieren, ob das überhaupt funktioniert) und dann den Körper den Wildschweinen zum Fraß vorgeworfen, ala Snatch – Schweine und Diamanten. Das Töten nach Ceausescu Art hat bedauerlicherweise Suchanek beim Grillabend in der Touristenhölle als Witz aufs Tapet gebracht, deshalb fühlt er sich auch verantwortlich und versucht, gegen den Willen des Kommissars Wimmer, den er schon vom ersten Fall aus Wulzendorf her kennt und auch gegen den Willen seiner Freundin Susi, die genervt abreist, auf eigene Faust zu ermitteln. Selbstverständlich eilt dem Suchanek wieder der alte Freund Grasl als Dr. Watson zu Hilfe und so watet das ermittlungstechnische Duo infernale erneut durch Blut und kuriose Leichen Aber die genialen Ideen sind noch nicht alle ausgereizt, ein vereitelter vermeintlicher Mordanschlag wird mit einer anderen wohlbekannten Methode ala Bürgermeister Hirzberger/ Spitz/Wachau begangen, indem ein vergiftetes Mon Cheri auf dem Auto mit einer Nachricht deponiert wird. Das tatsächliche zweite Opfer, die Touristin und Psychotherapeutin, wegen ihrer grauslich deformierten Zehe von Suchanek mit dem Spitznamen Dr Hallux bedenkt, wird übrigens von Pferden gevierteilt und der Bürgermeister der kleinen Ortschaft am Arsch der Welt, namens Feuchtwangen, wird an seinem Herzensprojekt, nämlich dem Windrad wie am Galgen gehenkt. Hier geht also ein Täter um, der entweder sehr kreativ grausam gestrickt ist und seine Obsessionen wahllos abwechselnd an Touristen und Einheimischen auslässt, nur um einer Dramaturgie im Inneren zu folgen, oder jemand mit sehr viel Wut hat tatsächlich etwas mit den total unterschiedlichen Opfern gemeinsam und will sich auf perfide Art rächen. Suchanek und Grasl schaffen sich in der kleinen Ortschaft einige Freunde und ermitteln immer dem Herrn Inspektor Wimmer eine Nasenlänge voraus im Hintergrund. Dass sich die beiden ungelernten Hobbydetektive dabei auch noch in Gefahr geben, versteht sich von selbst. Der Krimiplot und die letztendliche Täterermittlung sind überraschend und recht plausibel implementiert. Aber mit dem lustigen Mörderraten ist es eher nicht so anspruchsvoll in diesem Krimi, denn die falschen Fährten werden nicht ausgelegt, sondern Grasl und Suchanek stolpern wie immer zufällig über die richtigen Hinweise. Im Hintergrund gibt es viel vergnügliches Politisches inklusive Korruption durch die Vorteilnahme von Umwidmungen in Zusammenhang mit Grundstücksspekulationen und auch Gesellschaftspolitisches, denn die kleine Ortschaft ist zweigeteilt: in die ursprünglich Ortsansässigen und die Bungalesen, die in den neugebauten Bungalows wohnen, mit denen einige der Alteingesessenen sich eine goldene Nase verdient haben, aber die nun natürlich als Fremdkörper in der Dorfgemeinschaft wahrgenommen werden. Dafür gibt es sehr viel Wortwitz und wundervolle absurde Szenen, die man bezüglich der politischen Komponente möglicherweise als NiederösterreicherIn noch witziger findet. "„Der Landeshauptmann verspricht mir zum Dank für meinen selbstlosen Dienst an der Allgemeinheit einen Erholungsurlaub. Aber sowie die Kamerateams weg sind, hat er das wieder vergessen. Das wäre doch ein gefundenes Fressen für die Presse!“ „Für die Niederösterreichische Presse? Sie sind nicht von hier, oder?“" „Er entspannte sich nach Suchaneks Rezept [ein Joint] auch gleich so sensationell, dass er länger als allgemein üblich brauchte, um zu verstehen, dass dieses eine Würstchen am Grillrost, das sich von den anderen doch deutlich unterschied, sein Daumen war.“ Fazit: Sehr witzig, ein guter unterhaltsamer Krimi, den ich wie alle anderen in dieser Reihe ( Volksfest, Altenteil) absolut empfehlen kann.