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Für Kinder ist nur das Beste gut genug Könnt Ihr Euch noch an Euer allererstes Plüschtier erinnern? Meins war ein riesiger Teddy, den ich zur Geburt bekommen habe und der mich meine ganze Kindheit und Jugend begleitet hat. Leider war er nicht von Steiff und auch später habe ich nie ein Steifftier bekommen, dabei gäbe es ohne die Firmengründerin Margarte Steiff heute wahrscheinlich keine Plüschtiere. Nur weil sie für ihre Schwägerin ein Nadelkissen aus Filz in Form eines Elefäntle genäht hat und das ihrem kleinen Neffen so sehr gefiel, ist sie überhaupt auf die Idee der Kuscheltiere gekommen. Zu ihrer Zeit gab es nämlich kein Spielzeug, dass nicht irgendeine Funktion hatte. Mit Zinnsoldaten spielte man Krieg und an Puppen wurde das spätere Mutterdasein geübt. Aber Margaretes Filztiere waren (Spiel-)Gefährten, die man einfach nur liebhaben und mit denen man alles Teilen konnte, egal ob Freud oder Leid: „Sobald ein Kind das Tier in die Hand nimmt, wird es lebendig.“ (S. 38) Maren Gottschalk schreibt sehr einfühlsam und lebendig über Margaretes Leben Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts in Giengen auf der schwäbischen Alb. Sie erzählt den Werdegang eines willensstarken und intelligenten Mädchens, dass durch eine Kinderlähmung nicht laufen und ihren rechten Arm kaum bewegen konnte, aber immer normal behandelt werden wollte „Ich bin nicht krank … nur laufen kann ich nicht.“ (S. 73) und mit ihrer Mutter deswegen regelmäßig Kämpfe ausfechten musste, die in ihr immer nur eine ewige Last sah, die die Familie durchfüttern muss. Dabei hatte Margarete eigene Pläne. Sie wird Näherin, baut sich erst mit ihren Schwestern und später allein ein Geschäft auf, das letztendlich ein riesiges Familienunternehmen mit Weltruhm wird. Sie reist, lernt Menschen kennen und findet einen Freund fürs Leben – diese zarte „Fast-Liebesgeschichte“ hat mir besonders gut gefallen. Ich konnte mich aus eigenen ganz ähnlichen Erfahrungen gut in Margarete hineinversetzen und wäre als Kind auch gern schon selbstbewusst gewesen wie sie. Es hat mir imponiert, dass sie trotz der Vorurteile und Bevormundung vor allem durch ihre Mutter stets ihre Ziele verfolgt und Wege gefunden hat, um diese auch zu erreichen. Damals hat man sie bestimmt oft eigensinnig genannt, heute würde man eher selbstbewusst sagen – so sollten Frauen damals nur leider nicht sein. „Sie hatte schon seit jeher den Wunsch, wahrgenommen zu werden, hörbar und sichtbar zu sein, zu zeigen, was sie kann. Respekt zu verdienen.“ (S. 406 / 407) Für mich ist Fräulein Steiff ein rundum gelungenes, sehr anrührendes und warmherziges Buch, das Margarete lebendig werden lässt und in mir die alte Sehnsucht nach einem eigenen echten Steiff-Bären weckt …