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Gerald der Gütige „Manchmal wünschte sich Zoe, genauso zu sein wie andere junge Frauen, die die Erwartungen ihrer Eltern erfüllten. Aber Zoe war anders.“ (S. 16) Vor ein paar Jahren wurde Zoe von ihrem Vater aus der der Familie ausgeschlossen, weil sie sich offen zu ihrer Homosexualität bekannte, inzwischen ist sie eine erfolgreiche Debütautorin. Als sie jetzt ihre Promotion in Geschichte nachholen will, schlägt ihre Professorin ihr ausgerechnet ihren Vorfahren Gerald Farwell als Thema vor. Der Pfarrer wird auch Gerald der Gütige genannt und heute noch als Held verehrt, aber niemand weiß mehr, worauf sich dieser Ruf begründet. Zudem wurde er 1839 in Liverpool ermordet und das Verbrechen anscheinend nie aufgeklärt. Liverpool 1893: Inspector Thomas Young von der Metropolitain Police wird geschickt, um Gerald Farwells Tod aufzuklären, dem Bruder des Earl of Wooverlough. Bei seinen Ermittlungen stößt er auf eine Mordserie an Prostituierten, welche die örtliche Polizei nicht untersucht (es sind ja „nur“ Huren und „Wer mit dem Feuer spielt, darf sich nicht wundern, wenn er verbrennt.“ (S. 93)), und auf Madeline Brown, die Geliebte eines reichen Mannes, die als Einzige auf die Aufklärung dieser Taten dringt und bereits eigene Nachforschungen angestellt hat. Liverpool ist zu dieser Zeit eine der größten Hafenstädte und damit ein Sammelbecken für die verschiedensten Auswanderer. Nicht wenige Frauen landen in der Prostitution, um die Überfahrt oder ihr Leben hier zu finanzieren. Madeline hat schon früh einen Verdacht, wer der Mörder ist, aber da sie es nicht beweisen kann und ihr niemand glauben würde, behält sie dieses Wissen für sich. Sie ist eine sehr intelligente Frau und Verführerin und spielt ihre Reize aus, um zu bekommen, was sie will – nicht nur bei ihrem Gönner, sondern auch bei Inspector Young. Dabei gibt sie immer nur soviel preis, wie unbedingt nötig ist. Aber sie ist auch sehr warmherzig und großzügig und sich ihrer privilegierten Stellung als Geliebte nur eines Mannes gegenüber den Straßenhuren bewusst. Darum unterstützt sie diese, wo es nur geht und setzt sich auch so vehement für Suche nach dem Täter ein. Zoe wollte nie wieder etwas mit ihrer Familie zu tun haben, aber das Thema und der ungeklärte Mord reizen sie dann doch. Zudem will sie ihre Professorin beeindrucken, die sie sehr anziehend findet. Die beiden begeben sich zusammen auf Spurensuche nach Wooverlough Court und decken dabei mit Hilfe einer vergessenen geheimen Bibliothek nicht nur die Morde an den Huren und Gerald Farwell, sondern auch noch aktuelle Geheimnisse auf. Felicity Whitmore hat mich wieder von Anfang bis Ende gut unterhalten. Geschickt baut sie auf beiden Zeitebenen Spannung auf und lässt Liverpool und das Anwesen Wooverlough Court (den Stammsitz von Zoes Familie) damals und heute vor dem Auge des Lesers lebendig werden.