awogfli
Boom Town Blues ist ein solide gemachter, in der Endabrechnung richtig guter bayrisch-irischer Kriminalroman mit einer ansprechenden und informativen Hintergrundgeschichte, die das Motiv für die Mordfälle liefert und der beim intensiv und liebevoll ausgearbeiteten Background nicht auf den spannenden Krimiplot im Zentrum der Handlung vergisst. Schon zu Beginn wird die Leserschaft gleich in die Geschichte geworfen und man ist sofort in der Handlung drinnen. K11 (Münchner Morddezernat) Kriminalhauptkommissarin Patsy Logan, halb Irin, halb Münchnerin ermittelt in Form von Amtshilfe während ihrer bitter benötigten Auszeit getarnt als Bildungskarenz in Dublin. Patsy wollte sich eigentlich vom Trauma, verursacht durch ihren letzten Fall in München, im Haus ihrer Cousine erholen, aber die deutsche Botschafterin will sie unbedingt als Verbindungsbeamtin der irischen Polizei installieren, da eine deutsche Botschaftspraktikantin bei einem offiziellen Außenhandelsempfang in der österreichischen Vertetung in Irland vergiftet wurde. Hier ist diplomatisches Fingerspitzengefühl gefragt, denn die irische Polizei vor Ort is definitely not amused und will sich von den ausländischen Beamten und Diplomaten auf keinen Fall dreinreden lassen. Möglicherweise war der Mord an der jungen Frau sogar eine Verwechslung. Zuerst gibt es das übliche Kompetenzgerangel zwischen den ermittelnden Protagonisten unterschiedlicher Behörden. Patsy und ihr beigestellter österreichischer Kollege Magister Sam Feuerstein, Botschaftsattaché und früher bei der österreichischen Polizei-Spezialeinheit WEGA tätig, haben ihre liebe Mühe mit dem Leiter der Ermittlungen DI Paul Flanagan. Sie werden aber nach und nach eingebunden, denn das deutsch-österreichische Duo liefert wertvolle Beiträge und Hinweise zum Fall, der sich nach und nach zu einer kleinen Serie auswächst. Die beiden decken bei ihrer Untersuchung spannende Spuren auf, und entwirren das dichte Netz aus politischen und gesellschaftlichen Hintergründen. Das Motiv deutet nämlich immer mehr darauf hin, dass Immobilienspekulationen und deren Auswirkungen die Taten ausgelöst haben. Die eigentlichen Verbrecher, Banken, Immobilienhaie, Bad Banks, und der irische Staat, der die faulen Kredite von Häuslbauern am Ende der Finanzkrise an Heuschrecken wie Zerberus zediert hat, die sich dann die Häuser der Kreditnehmer billig unter den Nagel rissen, aber die hohen Ursprungsschulden blieben, sind die eigentlichen Ursachen und in einer Vergeltungsaktion Opfer dieser Mordserie. Bei so viel Verbrechen unter dem Deckmantel von Gesetzen und Korruption dreht halt dann auch mal einer der geprellten Geschädigten durch und rächt sich. Abseits des Falles wird hier die irische Finanzkrise ab 2008, deren Ursachen, der Verlauf und alle Beteiligten so grandios in den Plot eingewoben und erklärt, dass bei mir nur noch Freude aufkam. Das ist wirklich großes Kino. Es ist übrigens kein Problem in Teil drei dieser Reihe ohne Vorkenntnisse einzusteigen, denn Verwicklungen, Beziehungen und Traumata aus der Vergangenheit werden entweder ausreichend erklärt oder sind in diesem Fall einfach zu wenig relevant für den vorliegenden Krimiplot und die Handlung der Protagonisten. Fazit: Krimiherz was willst Du mehr. Spannung, ein verzwickter, aber im Endeffekt schlüssig geklärter Kriminalfall, eine gute Geschichte und ich habe nebenbei auch noch sehr viel über die Finanzkrise in Irland gelernt. Leseempfehlung! Perfekte Unterhaltung gepaart mit Information.