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awogfli

Posted on 25.5.2022

Abgesehen davon, dass die Geschichte grandios ist, weiß ich nun endlich, wo die Autorin ihre subtile Grausamkeit und Boshaftigkeit herhat. Sie hat sich bereits im Alter von sieben Jahren meisterliche Übung in diesen Techniken angeeignet, nämlich in China. Der Roman beginnt mit einem sensationellen Einstieg, Nothomb zieht mit ihren Eltern ganz plötzlich von Japan nach China, das ist eine riesige Zäsur für die kleine Protagonistin. Größtenteils auf sich alleine gestellt, spielen die Kinder des diplomatischen Personals aus vieler Herren Länder im Botschaftsghetto in Peking Weltkrieg. Die Bündnisse haben sie sich von den Eltern abgeschaut, es geht gegen die Deutschen aber nur gegen die Ostdeutschen Kommunisten. Die Amerikaner und die Russen leben übrigens in eigenen Botschaftsghettos und spielen in diesem strategischen Spiel keine Rolle. Es gibt Gefangene, Verhöre, Aufklärung Spione, Sabotage einige Foltertechniken wie Verdreschen, Urindusche, Urinknebel und Ankotzen. Die Kids sind sehr kreativ in der Entwicklung von neuen Methoden, den Erzfeind zu quälen und schwadronieren als Maulhelden sogar permanent über Töten und totaler Vernichtung der Feinde. Auch die Ostdeutschen Kinder sind live dabei, denn allen ist langweilig ohne Aufsicht und eingesperrt in einem kleinen Territorium im tristen China. Irgendwie ist das sogar eine ordentliche Rebellion gegen ihre Eltern, denn diese lösen Probleme ja mit Diplomatie, entgegen den Kids, die immer auf höchster Eskalationsstufe agieren. Die Eltern mischen sich nur marginal ein, denn sie sind viel zu beschäftigt und außer ein paar blauen Flecken ist eh nicht viel passiert, lediglich bei den Feinden haben sie die Westdeutschen aus politischen Gründen in die Verbündeten hineinreklamiert. So nebenbei bekommt man noch ein paar Informationen vom kommunistischen und postkommunistischen China aus der Sicht eines Kindes mit. Schon das wäre grandios genug, um einen sensationellen Roman abzugeben, aber Nothomb zündet noch den Turbo. Herrlich! Hie kleine Protagonistin verliebt sich unsterblich und sehr unglücklich in die narzisstisch veranlagte italienische Schönheit Elena. Irgendwann lernt sie von Mutti die Strategie der Geringschätzung, um die Aufmerksamkeit der Geliebten zu erlangen. Hier wird als nachträgliche Analyse einer Erwachsenen noch eine Verbindung von Elena zur griechischen Helena von Troja angehängt. Zudem eskaliert der Kinderkrieg und die angewandte Gewalt derart, dass die Eltern ihren Kindern einen Waffenstillstand aufzwingen, was diese – inklusive der Ostdeutschen - total peinlich finden. Ein neuer Feind muss her. Das Finale der Liebe ist herzzerreißend und köstlich. Fazit: Absolute Leseempfehlung!

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