Fabian Neidhardt
Ich habe Aminata Touré in einem Podcast kennengelernt und ich mochte ihr Erzählen, ihre Art, ihre Ansichten. Natürlich höre ich mir dann auch das Hörbuch an. Aminata Touré war bis 2022 Mitglied und Vizepräsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landtages. Seit dem 29. Juni 2022 ist sie Ministerin für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung und damit Deutschlands erste afrodeutsche Ministerin. Aber so weit geht das Hörbuch gar nicht. Es erzählt ihre Geschichte bis etwa Anfang 2021. Besser gesagt, Aminata Touré selbst erzählt sie, und anders hätte das bei so einem Buch auch nicht funktioniert. Aminata Touré ist ein wenig jünger als ich, ist eigentlich in einem ähnlichen Deutschland aufgewachsen. Und an so vielen Stellen überhaupt nicht. Ihr mehr als 6 Stunden zuzuhören, erweitert meine Wahrnehmung und macht Dinge greifbar, die ich vorher nicht verstanden habe. Jetzt ist Aminata Touré also die erste afrodeutsche Ministerin und ich denke, wir werden noch mehr von ihr hören. Das nutzt sie, um beispielhaft für viele andere zu stehen. Das ist gut und wichtig, genauso wie dieses Buch. Was leider von Anfang an auffällt, dass Aminata Touré im Podcast beispielsweise sehr gut erzählen kann, aber nicht vorlesen. So wichtig und teilweise auch emotional der Inhalt ist, es bleibt immer nur okay vorgelesen. Was für sich total in Ordnung wäre, diese Frau ist Politikerin, die reden kann, sie muss nicht die beste Vorleserin sein. Leider hat sich Argon (oder das Studio, das die Aufnahme gemacht hat) hier nicht die Mühe gemacht, die das Buch verdient hätte. Achtung, es wird ein wenig technisch: Wie viele andere Menschen atmet auch Aminata Touré laut ein, bevor sie liest. Mit der richtigen Einstellung hätte man das locker in den Hintergrund mastern können. Leider ist aber das Gate so eingestellt, dass die erste Hälfte des Atmers abgeschnitten ist und die zweite Hälfte sehr laut hörbar, was einen ganz unnatürlichen Klang gibt. Zusätzlich hat niemand darauf geachtet, dass die Pausen sauber sind und dem Inhalt angepasst. Nach einem sehr emotionalen Absatz hätten wir Zuhörer:innen einen kurzen Moment der Pause verdient. Stattdessen geht es aber abrupt weiter, ganz andere Stimmung, ganz anderes Setting. Eindeutig geschnitten, gefühlt maschinell. Inhaltlich immer noch ein gutes und wichtiges Buch und wahrscheinlich als Hörbuch auch stärker als selbstgelesen. Die Produktion ist leider nicht auf dem Niveau, wie ich sie von Argon erwarte.