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evaczyk

Posted on 13.2.2022

Sucht, Doping, Rache Per Aspera ad Astra? Ob es für Selma Falck, Ex-Spitzensportlerin, Ex-Spitzenanwältin, wieder hinauf zu den Sternen geht, muss sich erst noch zeigen. Im Rauen, ganz unten, ist sie zu Beginn von Anne Holts "Ein Grab für zwei" auf jeden Fall angekommen: In einer heruntergekommenen Wohnung in einem heruntergekommenen Stadtteil von Oslo, die Ehe kaputt, die Beziehung zu ihren Kindern zerrüttet, ihre Spielsucht hat sie nicht nur finanziell an den Abgrund, sondern auch zur Veruntreuung von Klientengeldern geführt. Beruflich und privat könnte es gar nicht mehr schlimmer kommen, als ihr einer besagter Klienten, der Unternehmensberater Jan Morell, ein Angebot macht, dass sie nicht ablehnen kann. Gegen Morells Tochter, die Spitzendsportlerin Hege, werden Doping-Vorwürfe erhoben. Die junge Ski-Langläuferin beteuert ihre Unschuld, doch ihr Olympia-Start steht plötzlich in Frage. Sollte Selma herausfinden, wie das passieren konnte und die Heges Unschuld beweisen, verzichtet Morell auf Anzeige und zahlt ihr einen Betrag, der sie aus dem Schuldenloch befreien könnte. Trotzdem - eine zuemliche Herausforderung für die Anwältin, die aus der verwahrlosten Wohnung hinaus, ohne die Infrastruktur eines Anwaltbüros, die Wahrheit herausfinden muss. Ihr einziger Verbündeter dabei ist ihr bester Freund, der obdachlose und psychisch labile Einers. Dann werden auch noch Dopingvorwürfe gegen einen anderen Ski-Langläufer laut, der unter mysteriösen Umständen tot aufgefunden wird. Für Selma auch eine persönliche Angelegenheit: Der junge Sportler war ihr Patensohn und der Sohn ihrer besten Freundin. All das könnte eigentlich schon für einen kniffeligen Sportthriller ausreichen, doch Holt sattelt noch darauf auf: In einem zweiten Erzählstrang erlebt ein Mann seinen persönlichen Alptraum, eingesperrt in einem Kerker, in dem die Wände buchstäblich näher rücken. Er hat keine Ahnung wer ihn gefangen hält und warum, doch die Situation treibt ihn nahezu um den Verstand. In der von Katja Bürkle gesprochenen Hörbuchfassung sind diese Szenenwechsel, die ja nicht etwa durch ein verändertes Schriftbild oder Kapitel abgegrenzt werden, zunächst ein bißchen plötzlich, und die Zusammenhänge ergeben sich nicht sofort Zumal es noch eine weitere Ebene gibt, nämlich das sogenannte Drehbuch, das akkustisch immerhin durch Papierrascheln und Tastaturgeräusche abgesetzt ist. Es ist deshalb schon von Vorteil, "Ein Grab für zwei" in längeren Abschnitten zu hören, um diese verschiedenen Ebenen und den Gesamtzusammenhang zu durchschauen. Das fällt aber nicht nur wegen der angenehmen Erzählstimme leicht, sondern auch wegen der von ihren eigenen Dämonen geplagten Hauptfigur. Dass Selma aufgrund eines Sportunfalls nicht mehr in der Lage zu weinen ist, scheint orgendwie passend für diesen komplizierten Charakter. Ein sauberer Sport, der sich als Zerrbild seiner selbst entlarvt, subtiler Rassismus in der norwegischsten aller Sportarten, Intrigen, Sucht, und Doping: Auch für Nicht-Wintersportler wird es hier spannend. Der dunkle skandinavische Winter und die Schneeglätte, auf der sich die Protagonisten bewegen, scheint da geradezu symbolisch für ihr Innenleben. Vielschichtig und mit wuchtigen Sprachbildern überzeugt "Ein Grab für zwei" und weckt große Erwartungen auf die nächsten Ermittlungen von Selma Falck. Angesichts der vielen unterschiedlichen Facetten ihrer Hauptfigur hat die Autorin nach dem vielversprechenden Serienauftakt jedenfalls viel Raum für weitere Entwicklungen gelassen.

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