elena_liest
Şeyda Kurt beschäftigt sich in ihrem Buch "Radikale Zärtlichkeit. Warum Liebe politisch ist" mit einem ganz zentralen Thema unseres Daseins: der Liebe. Sie beleuchtet einerseits diesen Begriff (und warum sie ihn nicht gut findet), andererseits aber auch die verschiedenen Formen der zwischenmenschlichen Beziehungen und Gefühle. Dabei lässt sie sowohl viel philosophischen Kontext einfließen, als auch Bezüge zur Popkultur, Rassismus und dem Patriarchat. Was für Şeyda Kurt mit einem Gefühl des Unwohlseins beginnt, verwandelt sich für die Leser*innen in ein Buch voller neuer Facetten zur Liebe, die es zu entdecken gilt. Beispielsweise findet die Autorin den Begriff "Liebe" nicht gut gewählt, da er aus gesellschaftlichen Konstrukten wie patriarchalen und rassistischen Strukturen erwachsen ist. Sie bevorzugt vielmehr den Begriff "Zärtlichkeit" - und möchte ihn auch nicht nur auf die Partnerschaft, sondern auch auf Freund*innenschaften ausweiten. Besonders gut hat mir Şeyda Kurts Alphabet der Zärtlichkeit gefallen - denn vor allem Sprache hat innerhalb von Beziehungen viel Macht. Ich konnte aus dem Buch für mich persönlich viel Neues mitnehmen. Ich selbst bin eine hetero cis Frau und lebe in einer monogamen Beziehung mit einem hetero cis Mann - und bin damit sehr glücklich. Trotzdem finde ich es extrem wichtig, auch anderen Formen von Beziehungen mit Offenheit und vor allem unvoreingenommen zu begegnen. Auch wenn mir nicht alle Facetten von "Radikale Zärtlichkeit" gleich gut gefallen haben - gerade im Hinblick auf die Technologien hatte ich so meine Schwierigkeiten - finde ich es sehr lesenswert. Der Schreibstil ist locker leicht und an vielen Stellen musste ich schmunzeln, gleichzeitig lädt Şeyda Kurt mit ihrem Buch aber auch zum Nachdenken und Diskutieren ein. Für mich sehr gelungen!