elena_liest
In der Küstenstadt St. Piran in Cornwall geht normalerweise alles ganz gemächlich zu, hier kennt jeder jeden und Aufregendes ereignet sich eigentlich nicht. Eines Morgens geschehen aber gleich zwei merkwürdige Dinge, die in die Geschichte des Dörfchens eingehen sollen: ein bewusstloser junger Mann wird am Strand angespült und ein Finnwal wird gesichtet. Der junge Mann entpuppt sich als Joe, der als Mathematiker für ein riesiges Finanzunternehmen in London ein Programm entwickelt hat, das die Zukunft der Zivilisation berechnen kann - und was er diesem Programm entnehmen konnte, hat ihn Hals über Kopf aus der Großstadt fliehen lassen... Wenn ihr euch nach dem richtigen Zeitpunkt gefragt habt, um John Ironmongers Roman "Der Wal und das Ende der Welt" zu lesen, kann ich euch sagen: er ist genau jetzt! Es gibt wenige Bücher, die gerade so perfekt in unsere Krise passen, wie dieses hier. Der Autor konstruiert eine Zukunftsvision, die unserer heutigen Realität doch sehr nahe kommt - wenn auch nicht ganz so überspitzt wie im Buch dargestellt. Das oben in der kurzen Inhaltsbeschreibung erwähnte Programm errechnet anhand einiger signifikanter Faktoren, wie unsere Wirtschaft und daraufhin auch unsere Zivilisation zusammen brechen könnten. Neben einer Ölkrise wird hier unter anderem auch die Grippe als großer Faktor genannt, der einen großen Teil der Menschheit dahinraffen könnte. Spätestens jetzt sollten die Parallelen zur heutigen Situation klar werden. Bemerkenswert finde ich hier, dass die Erstveröffentlichung des Buches bereits 2015 war. Da hat der Autor doch eine große Weitsicht bewiesen, denn mir lief es beim Lesen vor Schreck über die großen Gemeinsamkeiten mehrmals eiskalt den Rücken runter. Der Autor hat aber nicht nur ein geniales wie realitätsnahes Zukunftsszenario erschaffen, sondern auch ein wirklich zauberhaftes englisches Küstendörfchen mit herzerwärmend schrulligen Bewohner*innen. Ich hab mich sehr in St. Piran und die Menschen dort verliebt und habe mich trotz der Katastrophe dort sehr wohl gefühlt. Durch diese heimelige Atmosphäre war das Buch zu Beginn auch recht ruhig und fast etwas zäh, je weiter sich die Geschichte aber entspinnt, desto rasanter wird sie auch. Jetzt höre ich innerlich schon einige von euch rufen, dass sie gerade in Zeiten wie diesen solche Bücher nicht lesen können, dass sie Ablenkung brauchen und sich mit diesem Thema nicht auch noch literarisch beschäftigen möchten. Das kann ich alles gut nachvollziehen, appelliere aber trotzdem: die beste Zeit für "Der Wal und das Ende der Welt" ist jetzt - denn das Buch endet gut. Und gerade dieser Ausblick auf ein "Happy End" habe ich als extrem erleichternd empfunden. Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten, von mir gibt es jedenfalls eine große Leseempfehlung!