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Private Eye, Cyber Moneten, Schnitzeljagd und Blaue Bohnen Mit dem Roman Monte Crypto ist Tom Hillenbrand die Verbindung von mehreren Genres ausnehmend gut gelungen. Zu Beginn der Story ermittelt ein knurriger, a bissi macholastiger, recht schweigsamer P.I., also ein Private Investigator namens Ed Dante, ganz im klassischen Stile von Philip Marlowe und Konsorten in forensischer Buchhaltung. Das heißt, er hat sich nach seiner Karriere mit Spekulationen und dem zwangsläufigen tiefen Fall an der Wallstreet während der Finanzkrise anschließend selbständig gemacht, um in Buchhaltungen und fremden Vermögen, verborgene Schätze und verschleierte Gewinne zu erschnüffeln. Besonders gern gesehener Dienstleister ist er insbesondere bei Scheidungsverfahren. Dabei ist seine Arbeit durchaus nicht ungefährlich und hin und wieder auch am Rande der Legalität, denn er muss wie andere Privatermittler manchmal Laptops oder Passwörter in fremden Wohnungen unbefugt „sicherstellen“. Im Prinzip ist er eine ein bisschen modernere Version der Raymond Chandler Figur, die sich mit Aktien, Optionen, Buchhaltung und Zahlen auskennt, aber dennoch in der modernen Welt der Kryptowährungen wie ein Saurier aus alten Zeiten wirkt. "Während er [Dante] darüber nachdenkt, mixt er sich einen weiteren Drink. Da er mit dem B&B begonnen hat, kann er den eingeschlagenen Pfad schlecht verlassen. Nun beispielsweise fruchtig oder spritzig zu werden, wäre sehr beliebig, und Dante ist schließlich ein anspruchsvoller Alkoholiker. Deshalb mixt er sich einen Old Fahioned – Rye Whiskey, Anbgostura, Mineralwasser, etwas Zucker." Nun wird er von der Aktionskünstlerin und Influencerin Jaqueline Martel, alias Ada Swordfire, die die Schwester des unlängst verstorbenen Kryptogottes und Startup Besitzers Greg Hollister ist, beauftragt, ein verschwundenes und verstecktes Vermögen, wahrscheinlich in Bitcoins, zu finden. Warum Ada Swordfire keine Hacker beauftragt hat, ist auch schnell erklärt: Sie ist sich sicher, dass ihr Bruder den Schatz nicht virtuell, sondern konventionell versteckt hat. Wenn sich die Bitcoins auf einem USB-Stick befinden, müssen sie ja physisch gefunden werden und das ist Ed Dantes Stärke, er findet diesbezüglich sehr viel. Hier kommt gleich die zweite Komponente des sehr innovativen Genre Mixes zum Tragen, denn Hillenbrand schafft es, auch dem Laien so en passant und total einfach die technischen Grundlagen und die Funktionsweise der unterschiedlichsten Kryptowährungssysteme und ihre Auswirkung auf das Wirtschaftssystem zu erklären. Davor kann ich nur den Hut ziehen, denn auch ich muss Betriebswirten und anderen Nicht-Technikern Blockchaintechnologie in vielen Seminaren, auf Unis und auf Fachhochschulen beibringen. Das ist gar nicht so leicht, die Technologie möglichst simpel rüberzubringen. Dadurch wirkt die Geschichte zwar zu Beginn noch ein bisschen technokratisch, antiseptisch und ein bisschen spröde im Schreibstil, was aber auch perfekt zur brummigen Figur des Private Eye passt. Auch IT-Nerds und Volkswirtschaftsprofis werden ihre Freude daran finden, denn es ist alles technisch und logisch richtig in der Handlung verpackt und so einfach erklärt, dass es auch für Laien leicht zu verstehen ist. Quasi Infotainment. Man folgt der rasanten Geschichte und hat nebenbei ganz schön viel gelernt. Selbstverständlich darf auch die hübsche Femme fatale in einem klassischen Ermittlerkrimi nicht fehlen. Die atemberaubende Schönheit Mercey Mondego ist aber in der modernen Form nicht hübsches Beiwerk und mysteriöse Verdächtige, sondern als Bloggerin und Journalistin im Bereich Kryptowährungen auch noch hochintelligent. Sie ergänzt als gleichwertige Partnerin mit ihrem Know-How die Wissensdefizite von Ed Dante in dieser Branche. Ab der Mitte der Geschichte ändert sich der Stil des Romans und offenbart eine dritte Genre Komponente, denn vom toten Greg Hollister wurde automatisiert ein Video hochgeladen, das die gesamte Krypto-Nerd-Community und jeden, der weltweit mitmachen will, einlädt, den von Greg Hollister versteckten Schatz mittels Hinweisen zu suchen. Dadurch entsteht eine total spannende, rasante Schnitzeljagd in den USA und Europa, die an den frühen Dan Brown erinnert. Viele Rätsel und viele Locations kennzeichnen dieses Wettrennen um den Schatz. Privatdetektiv Dante und Journalistin Mercy sind mittendrin unter den virtuell goldschürfenden Nerds, hinken aber immer öfter hinterher bei der Lösung der mehrstufigen Rätsel. Der Showdown war mir persönlich dann ein bisschen zu sehr explosiv mit zu viel Blei, Feuer, Phosphor und Benzin getränkt, als dass es glaubwürdig wäre – halt großes Hollywood Blockbuster Finale, schon vorab perfekt konzipiert für eine Action-Verfilmung. Aber die prinzipielle Auflösung hat mir sehr gut gefallen. Manch anderen wird jedoch so ein rasantes Ende sehr gut gefallen. Fazit: Ich kann diese super Mischung aus klassischem Ermittlerkrimi mit Einbeziehung von Kryptotechnologien und Schnitzeljagd wärmstens empfehlen. Tom Hillenbrands Thriller ist irgendwie eine Fortführung und Kombination aus Raymond Chandler 5.0 und Dan Brown 3.0 mit ein bisschen Bruce Willis Stirb langsam – da habe ich aber leider den Überblick über die Nummerierung verloren.