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evaczyk

Posted on 28.2.2021

Die hannoversche Üstra dürfte höchst erfreut sein: In Susanne Mischkes Hannover-Krimi haben die Kommissare die Verkehrswende bereits vollzogen und sind ausgesprochen häufig mit der Stadtbahn unterwegs - und das trotz Corona. Kein Wunder, dass da auch Lokalkolorit nicht zu kurz kommt, sei es der Multikulti-Stadtteil Linden oder die ländliche Wedemark. Allerdings geht es im 10. Band von Mischkes Maschsee-Kommissaren vor die Stadt an den Deister. Hauptkommissar Bodo Völxen wohnt da bereits mit Frau, Terriermischling und seinen geliebten Schafen und stolpert beim Pilzesuchen mit seinem Nachbarn beinahe über die Leiche einer jungen Frau, die mit einer archaischen Jagdwaffe in der Brust auf einer Lichtung liegt. Ihr Vater, so stellt sich heraus, ist nicht nur der Guru der örtlichen Prepper-Szene, sondern auch ein ehemaliger Kollege. Die Tote war seine Lieblingstochter, während die jüngere Tochter Nele sich zwar durch totale Identifizierung mit den Survivalisten um die Anerkennung des Vaters bemüht, aber nie die gewünschte Beachtung findet. Jeder müsse eben seinen Platz im Rudel kennen, so die kühle Bemerkung des Vaters. Eigentlich könnte Mischke hier den Leser noch tiefer eintauchen lassen in die Szene, die sich auf den "Tag X" vorbereitet, an dem die öffenliche Ordnung zusammenbricht - durch bürgerkriegsähnliche Verhältnisse, eine Umweltkatastrophe oder einen Cyberangriff etwa auf die Stromversorgung. Für die Polizisten stellen sich die Zeugen aus dem Umfeld der Toten eher als exzentrische Spinner dar, ob es da noch andere Verflechtungen gibt als Orientierungsläufe im Wald ohne Handy und GPS und gehortete Lebensmittel, wird gar nicht erst geprüft. Das ist schon merkwürdig, denn angesichts der Verbindungen zwischen Preppern und Reichsbürgerszene oder rechtsextremen Kameradschaften wäre es doch naheliegend gewesen, zumindest beim Staatsschutz zu prüfen, ob sich im Deister einschlägig bekannte Szenemitglieder tummeln. Allerdings zeigt sich schon bald, dass die Lösung des Falls wohl eher im Privaten als im Politischen zu suchen ist. Motive gibt es reichlich - die Eifersucht der Schwester, die Eifersucht des Freundes der Toten, die im übrigen sowohl den Ausstieg aus der Beziehung wie aus dem väterlichen Haus geplant hatte, die Rache von Kriminellen, die der Vater einst hinter Gitter gebracht hatte. Miscke präsentiert in ihrem soliden Krimi eine ganze Reihe von Möglichkeiten und führt dabei auch die Ermittler gelegentlich vor. Bis Bodo Völxen wieder den Frieden seiner Schafweide genießen kann, ist jedenfalls für reichlich action gesorgt.

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