brittaroeder
Muss ein Roman alle Leerstellen füllen? Mit „Das Verschwinden des Josef Mengele“ legt Guez einen ausführlich recherchierten und spannend zu lesenden Tatsachenroman vor. Im Stile einer Dokumentation zeigt er Zusammenhänge und Fakten auf und zeichnet ein nachvollziehbares Bild der Flucht und der Gründe, weshalb diese gelingen konnte. In diesem Sinne ist dieses Buch auch eine wertvolle Darstellung der gesellschaftlichen Verhältnisse in den Nachkriegsjahren. Erschreckend wie leicht es den Nazis gelang sich aus der Verantwortung zu ziehen. Unfassbar wie dicht das Netzwerk war (und ist?), auf das sie weltweit zurückgreifen konnten. Allerdings hat dieser kurze Roman bei mir eine Frage aufgeworfen, die ich hier gerne in den Raum stellen möchte. Guez hat aus Mengele eine Romanfigur gemacht. Obwohl er sich sehr eng an den Fakten orientiert, gibt es natürlicherweise einige Leerstellen, die er kraft seiner Phantasie füllt. Und genau daran störe ich mich. Erweist er damit der Aufarbeitung dieser Geschichte wirklich einen Gefallen? Ist es okay einen Menschen wie Mengele, einen Massenmörder, zu einem Phantasieprodukt zu stilisieren. Reduziere ich damit nicht zugleich auch das Geschehen, die Morde, das unfassbare Grauen? Mir hätte in diesem Fall eine reine Dokumentation besser gefallen als die romanhafte Umsetzung.