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Dagmar

Posted on 3.12.2020

Anita Rée – ein Leben ohne Happy End Vorneweg: Ich habe gezögert, das Buch zu beginnen. Anita Rée brachte sich 1933 um. Ich wusste also von Anfang an, dass diese Geschichte kein Happy End nehmen wird, und war mir nicht sicher, ob ich mich dem stellen möchte. Dann entschloss ich mich, der Autorin zu vertrauen – und habe es nicht bereut! Am Ende des Buches war mir klarer, was eine Künstlerin können muss, um solch eindringliche Porträts zu erschaffen. Ganz ehrlich: Ich bin froh, dass ich dieses Talent nicht habe! In der Kunst wie im Leben: der Kampf um den eigenen Raum Wenn Anita Rée einen Menschen gemalt hat, dann hat sie sich ganz auf ihn eingelassen. Dafür musste sie in ihren persönlichen Raum der Stille gelangen. Nur dort war sie so hochkonzentriert, dass das Kunstwerk gelingen konnte. Doch dieser Raum der Stille war für sie nicht leicht zu erreichen – so gut wie jedes Bild hat sie sich hart erkämpft. "Schweigen war das Fehlen von Kommunikation, Ruhe die Anwesenheit von Stille." S. 39 – Karen Grol, Himmel auf Zeit Auch ihr Leben als Künstlerin musste sie sich erkämpfen. Als wäre das nicht genug für ein Leben, malte sie noch in einem Stil, der angefeindet wurde. Ihre Freundin Marie Laurencin fasst das so zusammen: „Je weniger die Menschen die neue Kunst verstehen, desto mehr schlagen sie sich auf die Seite der Alten Meister, kämpfen für deren Legitimation, als wollten wir ihnen die wunderbaren Werke der Renaissance wegnehmen, als wäre nicht genug Platz für jede Art von Kunst.“ S. 82 – Karen Grol, Himmel auf Zeit Karen Grol brachte mich als Leserin sehr nah an Anita Rée – so nah, dass ich begann, mit der Figur zu hadern. Manchmal wollte ich sie einfach nur schütteln, so lange, bis die Negativität von ihr abfallen würde. Zu sehr konzentrierte sie sich auf den Platz, den sie nicht einnehmen konnte, und übersah, was ihr alles gelungen war. Aber dieses Verzweifeln an Protagonistinnen ist eine Lese-Marotte von mir und der Hauptgrund, warum ich so selten Romane mit Realitätsbezug lese. Zum Glück konnte ich das für diesen wunderbaren biographischen Roman ablegen!

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