Profilbild von elena_liest

elena_liest

Posted on 25.10.2020

"Männer haben Angst, dass Frauen über sie lachen könnten. Frauen haben Angst, dass Männer sie töten könnten“ - zitiert Joni Seager die kanadische Schriftstellerin Margaret Atwood. Wie Recht Atwood mit ihrer Aussage hat, wird in "Der Frauenatlas" auf eindringliche, kompakte und auch nüchterne Art und Weise gezeigt. In 164 Karten und Grafiken verpackt Joni Seager, die sich selbst als feministische Geografin bezeichnet, die Ungleichheit und Unterdrückung, der Frauen aber auch Menschen der LGBTQI+ Community sowie BPOC ausgesetzt sind. Seager geht dabei nicht wertend vor und drängt der*dem Leser*in auch nicht ihre Meinung auf. Sie lässt die Fakten einfach für sich sprechen - und das funktioniert! Von Sport über Femizide zu Abtreibung sind die Themengebiete breit gefächert. Wo es Missstände gibt werden diese aufgezeigt, wo es Fortschritt gibt bekommt auch dieser den gebührenden Platz im Buch. In Japan werden durchschnittlich alle drei Tage Frauen von ihrem (Ex-)Partner ermordet, in Südafrika werden etwa 40 % der Frauen zu Lebzeiten vergewaltigt. Ähnlich niederschmetternde Ergebnisse präsentieren die Statistiken bezüglich der Abtreibung oder auch der Bevormundung durch männliche Familienmitglieder. Wer nicht an die Ungleichheit glaubt, wird mit diesem Buch sicherlich überzeugt. Weiterer "Fun Fact" (🙄): Die USA hat die UNO-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau nicht ratifiziert. Damit kann sie sich auf eine Stufe mit dem Iran, Sudan und Somalia stellen. Seager räumt also auch mit dem Denken an eine fortschrittliche westliche Welt auf. Das Buch ist keine schöne Lektüre. Es ist schön anzuschauen, die Karten und Grafiken sind wirklich toll gemacht und ein Hingucker. Der Inhalt des Buches tut aber einfach nur weh - und das soll er auch! Wo mir andere Bücher zu voll gepackt mit der eigenen Meinung der Autor*innen war oder nicht intersektional genug waren trifft "Der Frauenatlas" genau den richtigen Ton bzw. das richtige Bild. Ich fühle mich gut informiert in einem breit gefächerten Feld und kann mich durch die Quellenangaben am Ende des Buches auch noch tiefergehender mit den verschiedenen Themen beschäftigen. Ich fand die Lektüre großartig! Man wird wütend, man wird traurig und an der ein oder anderen Stelle fühlt man sich fast hilf- und machtlos. Am Ende überwiegt aber das Gefühl, ein weiteres Buch an die Hand bekommen zu haben, mit dem man arbeiten kann und mit dem man gegen die Ungleichheit angehen kann. Ich spreche eine große Leseempfehlung aus.

zurück nach oben