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awogfli

Posted on 17.7.2020

Meine Forderung an den Autor nach neuen Geschichten und Figuren, die ich in meiner Rezension zu Kalte Asche aufgestellt habe, hat Beckett sowas von übererfüllt. Wenn der Name des Schriftstellers nicht ganz groß auf dem Cover geprangt hätte, wäre ich niemals auf die Idee gekommen, dass der Roman Becketts Feder entsprungen sein könnte. Diese Geschichte ist vom Erzählstil sowas von diametral entgegengesetzt zu den David Hunter Romanen. Gaaaanz laaaangsam und gemächlich plätschert die Story dahin, ohne schon auf der ersten Seite die verfaulte, verbrannte, (Todesart bitte einsetzen).. Leiche zu präsentieren. Dennoch wabern im Hintergrund bedrohlich die Andeutungen zu einem oder mehreren Verbrechen. Sehr gut beschreibt der Autor die agressiv aufgeheizte Hintergrundstimmung auf dem ländlichen französischen Bauernhof und zeichnet liebevoll die Figuren mitsamt ihren Marotten und Geheimnissen. Und dann ....passiert fast gar nix. Sean mauert zen-artig an der verfallenen Mauer, Madeleine kocht gefühlte 100 Essen, Arnaud spinnt herum und Gretchen pubertiert. Hat mir dieser langsame, untypische Stil gefallen? Ja und nein. Ich bin ja schon für gemächlichen sorgfältigen Plotaufbau und ausführliche Figurenentwicklung, aber wenn sogar eine französische Weinbergschnecke mit Gipsfuß die Handlung überholen könnte, und das auf 470 Seiten, dann ist das etwas zuviel Gehirn-Tai-Chi für mich. Im Finale kommt dann wieder sehr viel Schwung in die Geschichte, und das Buch entwickelt sich zu einem hervorragenden Beispiel für ein gelungenes Familiendrama inklusive Mord und Totschlag. Fazit: Ein gutes Buch mit zuvielen Längen, das etwas mehr David-Hunter-Action und -Tempo vertragen hätte. 3,4 Sterne

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