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awogfli

Posted on 17.7.2020

Ja lieber John Cleese wo warst Du noch mal mit Deinen Gedanken..... Auf jeden Fall überhaupt nicht dort, wo ich Dich erwartet hätte. Wenn ich eine Cleese Biografie lese, will ich wissen, wie der Ritter der Kokosnuss entstanden ist, wie die Sexszenen mit Jamie Lee Curtis waren, wie zur Hölle die Pythons auf einige Szenen im Sinn des Lebens und beim Leben des Brian gekommen sind, wie man mit meinem Regie-Idol Terry Gilliam zusammenarbeiten kann und wie die Truppe sich so ganz privat aufführt. Was habe ich bekommen? Ganze 25 Seiten von Monty Python und sonst 450 Seiten Geschwafel, in denen sogar jeder langweilige Lehrer der Grundschule - und nicht nur die interessanten Persönlichkeiten, die geprägt haben - aufs lähmenste in ihrer Mittelmäßgikeit skizziert werden. Ich kann mich selbst gar nicht mehr an meine eigenen durchschnittlichen Lehrer erinnern. Manche bezeichnen diese Bio im guten Sinne als geschwätzig - dem guten Sinn bzw. der guten Absicht hier kann ich überhaupt nicht zustimmen. Die ganzen Szenen eines ziemlich faden Lebens werden gnadenlos breit ausgewalzt - nach 150 Seiten war er noch nicht mal auf der Uni und ich schätze mal 60% der Weltbevölkerung haben in den ersten 18 Jahren ihres Lebens auch interessantere und berichtenswertere Szenen erlebt. Auf der Uni wird das Buch dann ein bisschen besser, weil Cleese das erste Mal Comedyluft schnuppert, aber dann ist es auch immer wieder der gleiche lähmende Ablauf. Ein paar Ideen, ein paar bekannte spannende Leute, ein bisschen Witz aber nicht wirklich viel, ein paar Pannen, und die Sketche seitenlang im Buch aufgeschrieben (was außer für Fachleute selbstverständlich im Medium Buch ohne Darstellung gar nicht funktioniert). Eigentlich müsste auf der Biografie stehen: Eine Bio von John Cleese bevor er wirklich etwas konnte und Python wurde, aber das haben weder der Autor noch der Verlag irgendwo angedeutet. Ich finde es grenzt ja schon an Beschiss, den Fans für das Prequel - oder soll ich es fades Vorgepänkel der eigentlichen Biografie nennen - knappe 24 Euro abzuknöpfen und mit keinem Wort zu erwähnen, dass es nicht um die Pythons geht, im Gegenteil, mit der Truppe auch noch irreführend im Klappentext zu werben. Der Gipfel an Gier, Knausrigkeit und Inkompetenz wird dann auch noch durch den Verlag erklommen, indem der erstens zu geizig für ein Lesezeichenbändchen war und zweitens bei der Übersetzung offensichtlich sehr viel Geld gespart hat, wodurch vor allem zu Beginn des Werke derart haarsträubende Satzfehler, Fallfehler etc. auftraten, dass selbst mir, die gewöhnt ist, durch das Lesen von Studentenmasterthesen geflissentlich darüber hinwegzusehen und sich nicht zu ärgern, die Galle hochgekommen ist. Am Lektorat wurde offensichtlich auch gespart, denn sonst wären sicher 200 Seiten zusammengestrichen worden. Dabei ist es nicht so, dass Cleese gar nicht schreiben kann, machmal skizziert er Personen sehr treffend und liefert, wenn ich mir meine Post-Its anschaue, 6 durchaus knackige Bonmots als Sätze, was ihm von mir einen zweiten Stern eingebracht hat. Aber die Einstellung, mit der Herr John Cleese an dieses Werk herangegangen ist, finde ich dermaßen degoutant und überheblich seinen Fans gegenüber, dass mir die Spucke wegbleibt - lasst Euch die Worte dieses Herrn, der mich um 24 Euro und eine Woche Zeit beschissen hat, nur auf der Zunge zergehen. Hier erklärt er, warum er elend lange Sketchskripten in die Biografie hineingepackt hat, obwohl diese eben im Medium Buch, wenn sie nicht aufgeführt werden, für Otto Normalverbraucher, der noch nie Regieanweisungen gelesen hat, überhaupt nicht funktionieren: "1. Die Sketche sind wirklich komisch (meiner Meinung nach und das ist mein verdammtes Buch)... 3. Ich weiß, dieses Buch soll eine Autobiografie sein, aber die Wahrheit ist, dass sich die meisten von Ihnen einen feuchten Kehrricht um die Person John Cleese scheren, oder was für mich und die vielschichtigen Seelennöte empfinden, die mich zu meinem besondern Ich machen". Sorry mit so einer Einstellung schreibt man sicher keine Biografie für seine Fans. Das ist ein proaktive Herabwürdigung der sehr wohlgesonnenen Leserschaft, damit er dann nicht so ein schlechtes Gewissen hat, wenn er sie vorführt und abzockt. Auch ich war bis vor einer Woche ein Fan dieses Herren, aber das hat sich hiermit erübrigt. Widerlich. Fazit: Sparts Euch! Und ich sag leise Servus zu einem Idol meiner Vergangenheit.

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