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Effia und Esi sind Schwestern, wissen aber nichts voneinander. Während die eine Schwester einen reichen weißen Sklavenhändler heiratet, wird Esi als Sklavin nach Amerika verkauft. So unterschiedlich, wie das Leben der beiden Schwestern aussieht, so sieht auch das ihrer Nachkommen aus: während Effias Kinder und Kindeskinder immer wieder Opfer oder Profiteure des Sklavenhandels werden, leiden Esis Nachkommen unter der ständigen Unterdrückung durch Weiße und müssen immer wieder um ihr Leben kämpfen. Yaa Gyasi erzählt in "Heimkehren" über 250 Jahre hinweg die Geschichte einer geteilten Familie. Sie beginnt in der Vergangenheit und endet in der Gegenwart. So baut sie eine Brücke von der Sklaverei Ende des 18. Jahrhunderts bis zum sechs Generationen später immernoch währenden Rassismus. Ich habe bisher keinen Roman gelesen, der sich mit "Heimkehren" vergleichen lässt. Die Schauplätze der Geschichte sind Ghana und Amerika und die beiden Erzählstränge spielen abwechselnd an den beiden Schauplätzen. Auch die verschiedenen Perspektiven sind einzigartig. Jedes Kapitel wird aus der Sicht eines anderen Menschen erzählt. So erstreckt sich die Geschichte über sechs Generationen und bildet ein erschreckendes, aber auch sehr dichtes Bild über die Historie der Sklaverei und des Rassismus ab. Dabei konnte ich mit jeder Protagonistin und jedem Protagonist sehr gut mitfühlen, konnte mich in die jeweilige kurze Lebensgeschichte fallen lassen und empfand jeden Lebensweg als Bereicherung. Obwohl die Lesende und der Leser nur wenige Seiten mit dem jeweiligen Menschen verbringen schafft es die Autorin, Tiefe und eine gewisse Besonderheit in jedes Kapitel zu legen. Wer verstehen möchte, wie Rassismus entstanden ist, wer sich mehr mit der Geschichte der Sklaverei auseinander setzen möchte und wer sich einfach mehr mit einem oft verschwiegen Kapitel beschäftigen möchte, sollte Heimkehren lesen. Man sollte das Buch aber auch einfach lesen, weil es großartig geschrieben ist, unglaublich vielschichtige Protagonist_innen zu Wort kommen lässt und absolut einzigartig ist. Ich zähle das Buch zu den Büchern, die ich dieses Jahr und vielleicht sogar im Leben am liebsten gelesen habe. Es ist nicht leicht, über das Leid anderer zu lesen, aber es ist vedammt nochmal wichtig. Deshalb gibt es hier von mir eine dringende Leseempfehlung und volle 5 / 5 ⭐, obwohl ich eigentlich gerne noch mehr vergeben würde.