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elena_liest

Posted on 24.6.2020

"Wir tun anderen Menschen oft furchtbare Dinge an, weil wir die anderen, die es betrifft, nicht sehen. Wir sehen ihr Gesicht nicht. Wir sehen sie nicht als Menschen." - Trevor Noah in "Farbenblind" Trevor Noah wächst in Afrika auf. Geboren 1984 im Township Soweto als Sohn einer Xhosa und eines Schweizers kommt er schon als Verbrechen zur Welt (was im Originaltitel "Born a crime" sehr gut aufgegriffen wird). Während des Apartheid-Regimes ist eine Beziehung zwischen Weißen und Schwarzen verboten, es drohte eine mehrjährige Freiheitsstrafe. In 18 Geschichten erzählt Trevor Noah genau von diesem Aberwitz der Apartheid, von systematischem Rassismus und der bitteren Armut, in der er aufwachsen musste. Er erzählt aber auch von seiner Familie, seiner unglaublich starken Mutter, die nie den Mut verloren hat und immer für ihn da war, die sich bewusst für ihn entschieden hat. Dabei hat der Autor einen solch wunderbaren und angenehmen Schreibstil, dass ich mich meist gar nicht von den Zeilen losreißen konnte. Ich bin immer noch perplex darüber, wie gut es Trevor Noah hinbekommen hat, sein Leben gleichzeitig so humorvoll und herzzerreißend zu schildern. Ich war sehr berührt beim Lesen und trotzdem musste ich immer wieder lachen. Der Autor ist wirklich eine herausragende Persönlichkeit. Wie bewundernswert ist es bitte, dass er so viele Sprachen und Dialekte beherrscht? Als ausgegrenztes Kind (als "Mischling" war er weder unter Weißen, noch unter Schwarzen akzeptiert) hat er früh gelernt, dass er durch Sprache am meisten bei anderen erreichen kann. Er zeigt mit seinem Buch deshalb auch auf, wie wichtig Sprache ist und wie viel sie bewirken kann. Zudem führt er dem/der Leser*in auch immer wieder vor Augen, wie unsinnig das Regime der Apartheid oft agiert hat: da Japaner wichtige Handelspartner waren, wurden diese als weiß angesehen, Chinesen im Gegensatz dazu als schwarz. Total verrückt, oder? Schon diese Kleinigkeit zeigt, wie idiotisch das alles war. Schlimm ist, dass die Folgen dieser Zeit noch lange nachwirken. Trevor Noah erfährt auch nach der Abschaffung des Regimes und unter dem ersten schwarzen Präsidenten Nelson Mandela Rassismus und es gab viele Straßenkämpfe bzw. einen regelrechten Bürgerkrieg zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen Afrikas. Trotzdem hat er nie seinen Mut und seinen Humor verloren. Für mich war Trevor Noahs Mutter der heimliche Star des Buches. Ich habe sie beim Lesen total bewundert, war fasziniert davon, wie sie immer wieder um ihre Unabhängigkeit gekämpft hat, trotz der vielen Rückschläge und dabei immer voller Liebe zu ihren Kindern war. Ich möchte euch das Buch wirklich sehr empfehlen. Ich habe viel gelernt, viel gelacht und auch das ein oder andere mal fast geweint. Oft war ich auch atemlos vor Spannung. Und das bei einer Autobiografie! Ich kann nur 5 / 5 Sternen vergeben und hoffe, dass Trevor Noah irgendwann nochmal zum Stift greift und ein paar Geschichten erzählt. Er ist wirklich ein toller Autor und eine inspirierende Persönlichkeit!

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