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awogfli

Posted on 18.6.2020

Der Erfolg dieses Buches ist völlig nachvollziehbar auch ich konnte es nicht mehr weglegen und las es in einem Rutsch durch. Als leichte romantische Komödie konzipiert, die tatsächlich ganz ohne Schmalz und Schmachten auskommt, trifft sie voll ins Schwarze und hat auch mein romantikresistentes Herz im Sturm erobert. Vor allem auch deshalb, weil sich der Roman dem Thema Liebe recht innovativ auf wissenschaftlicher, genetischer Basis nähert, was zu teilweise wundervollen köstlichen Verwicklungen führt. Professor Don Tillmann, ein Genetiker mit leichtem Aspergersyndrom (was ihm bis zum Ende der Geschichte nicht wirklich bewusst ist - bei Eigendiagnosen versagt das Wissenschaftlerhirn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - da gibt es im Buch noch viele andere Beispiele) hat eine ganz spezifische methodische Vorgehensweise entwickelt, sein bisheriges Leben ohne Partnerin zu beenden und die zu ihm passende perfekte Ehefrau durch einen gefinkelten Fragebogen zu finden. Alleine der Fragebogenpretest des Nerds mit seinen Freunden ist derartig witzig und läßt mein empirisches Herz ob der wissenschaftlichen Korrektheit höher schlagen. Um die Komik der Geschichte zu verstärken, kommt ihm Rosie zwischen seine strukturierten Pläne, die diametral entgegengesetzt zu seiner Definition der perfekten Frau ist und die völliges Chaos in seinem Leben anrichtet. Für Rosie und ihr Anliegen, ihren biologischen Vater zu finden, wirft er auch seine ethischen Grundsätze, sich immer an alle Regeln zu halten, komplett über Bord, hackt sich in Computersysteme, beschafft Genproben ohne Einwilligung des Probanden, stiehlt Toilettartikel etc. Letztendlich will er für sie sogar komplett sein Verhalten ändern. Am Ende der Geschichte könnte man zwar sagen, dass die Liebe alles überwindet - eine Zweittheorie, mit der das Buch durchaus liebäugelt, könnte aber auch die biologisch-genetisch determinierte Anziehung von Gegensätzen sein: "Wer braucht schon einen Papagei als Partner". Die Figuren sind wundervoll entwickelt und jeder Prototyp läuft massenhaft auf den Gängen der Universitätsinstitute herum, wer hier platte Klischees vermutet, der sollte sich mal auf den unzähligen TNF's (Technisch-Naturwissenschaftlichen Fakultäten) der Unis herumtreiben. Der meist nicht sehr gepflegte Nerd mit Kontrollzwang entweder anerzogen oder eben durch eine Krankheit determiniert und scheußlicher Kleidungswahl. Ich sagte mal zu einem Studenten mit dottergelber Strickjacke, Pepitahose und oranger Satinkrawatte (bitte das war nicht in den 80ern sondern in den 90ern) "Gell Du studierst technische Mathematik". Er schaute mich fragend an und antwortete dass ich fast richtig läge. Er studierte technische Physik. Als Grenzgängerin zwischen den Fakultäten ich studierte BWL und Informatik habe ich oft ganz bewusst diese Verhaltenscodes missachtet und ging in Birkenstockschlapfen und Strickpullover in Marketingvorlesungen und mit maßgeschneidertem orangen Mini-Kostüm in die Informatikveranstaltungen. Das hat damals schon massive Irritationen verursacht und tut es noch heute, wenn ich auf einer TU gut angezogen unterrichte. Auch der promiskuitive Professor, der am liebsten Kolleginnen und Studentinnen an die Wäsche geht, kommt natürlich vor. Dieser Typus ist auch nicht gerade selten, aber darüber schweige ich nun sehr dezent :D. Die Sprache ist einfach, sollte aber ohnehin für so ein leichtes Buch nicht zu komplex ausfallen. Fazit: Wundervolle leichte aber nicht seichte Unterhaltung, die hält, was der Klappentext verspricht: viel Humor, ein bisschen Romantik ohne schmalztriefende und lüsterne Gefühlsduseleien, wissenschaftliche Korrektheit und sogar eine Botschaft.

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