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elena_liest

Posted on 14.11.2020

Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, wie ich diese Rezension beginnen soll. Irgendwie glaube ich auch nicht wirklich, dass es am Ende eine "richtige" Rezension werden wird. Vielleicht ist es treffender, wenn ich sage, ich möchte ein wenig über "Ein wenig Leben Reden". Zum Inhalt des Buches kann und will ich gar nicht viel sagen. Es würde einfach zu viel vorweg nehmen. Ich bin selbst ohne großes Vorwissen an das Buch ran gegangen, ich wusste nur, dass es traurig werden wird und viele meinten, dass sie bei dem Buch eigentlich dauerhaft weinen mussten. Das kann ich beides bestätigen - und noch mehr: das Buch hat mich emotional und psychisch so mitgenommen, wie noch keines vorher. Kurz gesagt geht es vor allem um Jude, der in New York lebt, umgeben von Menschen ist, die ihn lieben und trotzdem ein so gebrochener und innerlich sowie äußerlich zerstörter Mann ist. Das alles liegt an seiner schlimmen Kindheit und Jugend, über die er es nicht schafft, mit anderen zu sprechen. Der*dem Leser*in werden nach und nach immer mehr Details aus Judes Vergangenheit offenbart und das hat mich einfach nur zerstört. Das, was Jude aushalten musste, hat mich an den Rand dessen gebracht, was ich ertragen kann. Hanya Yanagihara hat es mit ihrer wunderbaren und raffinierten Sprache geschafft, mein Herz auf so viele Art und Weisen zu brechen, wie es Worte zuvor noch nie geschafft haben. Sie erzählt so dicht, mit so vielen verschiedenen Sprachmelodien und mit so vielen Details, dass ich mich der Geschichte nicht entziehen konnte, selbst wenn ich gerade nicht dabei war, das Buch zu lesen. Ich habe mich nach dem Zuschlagen von "Ein wenig Leben" gefragt: mochte ich das Buch? Nein! War es ein schönes Buch? Auf keinen Fall. Hat es mich trotzdem begeistert? Definitiv und noch dreimal ja! Es ist hochemotional, berührend, besonders und wirklich lesenswert. Aber man sollte nicht leichtfertig damit beginnen. Bevor du das Buch zur Hand nimmst, solltest du dich fragen, ob du von schwerem Kindesmissbrauch, Gewalt gegenüber Kindern, häuslicher Gewalt und sexuellem Missbrauch lesen kannst. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass die Autorin absolut nichts beschönigt und selbst die schmerzhaftesten Details nicht ausspart. Sei dir dessen bitte bewusst. Ich möchte hier keine Sternebewertung vergeben, aber trotzdem eine Leseempfehlung für all diejenigen aussprechen, die die oben genannten Themen nicht triggern und sich dem Sog dieser außergewöhnlichen Geschichte hingeben möchten.

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