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elena_liest

Posted on 22.5.2020

"Wir sind Rehe. Wir huschen durch die Welt mit wachsamem Blick und flinken Beinen, wir wittern die Gefahr. Sie verbirgt sich hinter einem Lächeln, hinter einer freundlichen Geste, hinter vermeintlich sanften Augen. Wir trauen der Freundlichkeit nicht, wir trauen der Sanftheit nicht. Und wenn wir gejagt und angeschossen werden, wundern wir uns nicht. Wir haben es die ganze Zeit geahnt, haben es herannahen gespürt." - Mareike Fallwickl, "Das Licht ist hier viel heller" Maximilian Wenger hat seine besten Jahre hinter sich - er war ganz oben: Bestsellerautor, eine (bzw. mehrere) schöne Frau(en) an seiner Seite, Villa am Wolfgangsee... doch jetzt hat er nichts mehr. Seine letzten Romane sind gefloppt, seine Frau hat die Scheidung eingereicht und er versinkt in seiner kleinen, schmuddeligen Wohnung im Selbstmitleid. Dann erhält er Briefe, adressiert an seinen Vormieter. Wenger beginnt sie zu lesen, handgeschriebene Worte und in ihm keimt eine neue Idee auf... Mareike Fallwickls Roman "Das Licht ist hier viel heller" ist bei mir eingeschlagen wie eine Bombe. Das Buch beginnt noch recht leicht, man weiß nicht so richtig, wo das alles hinführen soll, wie die drei Erzählstränge (Wenger, seine Tochter Zoey, die handgeschriebenen Briefe) zusammenpassen. Vor allem die Briefe konnte ich am Anfang nicht wirklich einordnen. Nach und nach findet aber alles zusammen und es entfaltet sich eine Geschichte, die mir unglaublich nahe gegangen ist. Fallwickl schreibt ihre ganz eigene Geschichte zu #metoo, sexuellem Missbrauch und Gewalt gegen Frauen, sie findet Worte, die einfach so gut passen, dass ich nicht weiß, was ich dazu sagen soll. Ich wurde wütend, ich hätte fast geweint (nicht weil ich traurig war, sondern vor Wut), ich wollte schreien. Und dabei war die Story doch eigentlich normal - das Leben, ungeschönt aufgeschrieben, die brutale Realität. Vor allem die Briefe waren sehr hart zu lesen. Ich war angewiedert und habe mitgefühlt. Da passt auch ein anderes Zitat aus dem Buch sehr gut: "Es ist ein gutes Buch, wenn es durch all die Schichten schneidet, die man angehäuft hat, damit niemand sieht, wie nackt man in Wahrheit ist, wie allein." Viel lässt sich da nicht mehr hinzufügen. Ach doch - die kleinen ironischen Seitenhiebe gegen die BuchbloggerInnen waren einfach köstlich. Für mich eines der besten Bücher, die ich dieses Jahr gelesen habe 🖤 es gibt die volle Punktzahl (5 / 5 ⭐) und ich bin froh, dass ich "Dunkelgrün fast schwarz" schon hier liegen habe.

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