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Vorhang auf für den großen Neil Gaiman Es gibt etliche Menschen, besonders zeitgenössische Autoren, die ich verehre. Mehr oder weniger stark, doch Neil Gaiman ist einer derjenigen in dessen Gegenwart ich keinen Pieps herausbringen könnte, sondern nur errötend schweigen um nicht lauthals zu kreischen. Alles, alles, was ich bisher von ihm gelesen oder filmisch umgesetzt gesehen habe ist GROSSARTIG. Er schreibt so, dass man sich in diese warme, kluge wunderbare Hülle aus Worten, die unglaubliche Sätze und noch bessere Geschichten ergeben, einfach nur einkuscheln möchte und ewig schwelgen. Oder bibbernd angespannt die Auflösung ersehnt. Er packt einen, immer wieder, auch mit seinen Gedanken. „Ich glaube , dass es schwer ist eine Idee zu töten, denn Ideen sind unsichtbar und ansteckend und sie verbreiten sich schnell.“ Nur Gaiman kann solche herrlich verschrobenen Stories erfinden, wie jene, die schlicht beschreibt, wie ein Vater, Milch für seine Kinder besorgen geht. Oder die Geschichte des lächelnden Odd, beides Kinder- und Jugendliteratur vom Feinsten. Oder die Geschichte vom Sternwanderer die mit grandioser Besetzung verfilmt so herrlich amüsant anzuschauen ist. Wie man in den Beobachtungen aus der letzten Reihe (der Titel hat seinen Ursprung in einem Schwank aus Gaimans Leben), arbeitet Neil Gaiman nicht nur – aber doch stark davon beeinflusst – aus Vergnügen. Wird es Routine, sucht er Neues. Er ist ein Getriebener, der Schätze hebt, transformiert und großzügig verteilt. Etliche finden sich in diesen gesammelten Dankesreden, Ansprachen, Einführungen, Essays und den kleinen privaten Einblicken, die er seinen Fans und jenen, die es nach Lektüre werden könnten. in den Beobachtungen aus der letzten Reihe gewährt. „Wir, die wir Geschichten schreiben, wissen, dass wir unseren Lebensunterhalt mit Lügen verdienen. Aber es sind gute Lügen, die wahre Dinge erzählen, und wir schulden es unseren Lesern, sie so gut zu konstruieren, wie wir können.Denn irgendwo dort draußen, gibt es jemanden, der diese Geschichten braucht. Irgendjemanden, der in einer anderen Umgebung aufwächst und der ohne diese Geschichten ein anderer Mensch wäre. Irgendjemand, der durch diese Geschichte womöglich Hoffnung schöpft, Weisheit in ihr findet, Güte oder Trost. Deshalb schreiben wir.“ Dabei ist und bleibt Neil Gaiman ein begeisterter Leser. Gute Fiktion lobt und würdigt er und in den Beobachtungen … wirft er damit nur so um sich. Spannend, was ihn alles seit frühester Kindheit beeinflusst hat. Ganz nebenbei erklärt er, welche Zutaten außer Talent, Fleiß und Glück dafür benötigt werden, um vom Schreiben oder Kunst allgemein leben zu können. Etwas bedauerlich für deutsche Leser ist, dass viele Schriftsteller, die ihn beeinflusst und begeistert haben nur bedingt bekannt sind. Doch das ist ein Angebot. Man kann diese Menschen und ihr Schaffen suchen, finden und vielleicht teilt man Gaimans Begeisterung. Sie ist so ansteckend, dass man sich ihr nicht entziehen kann. Wer viel Privates in seinen Beobachtungen sucht, wird kaum fündig werden. Gaiman hat keinen Hang zu Klatsch und Tratsch oder den Drang sein Privatleben der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ein wenig erzählt er von sich, interessant ist aber was und mit welcher Begeisterung er von Comics, Mythen, und all den anderen Kram der ihn beschäftigt und berührt berichtet. Essays, Reden „Einführungen und Gedanken zu Science Fiction“, „Filme, Kino und Ich“; „Über Comics und einige Menschen die sie erschaffen“ „Ein paar Leute die ich gekannt habe (Douglas Adams, Stephen King, Terry Pratchett … ), Musik, Märchen und die Aufforderung: „Macht gute Kunst“ Neil Gaiman geht da mit gutem Beispiel voran. All das und im Besonderen die Persönlichkeit Neil Gaimans machen die Betrachtungen aus der letzten Reihe zu einem Buch, das in keiner Bibliothek fehlen sollte. Zumindest nicht, wenn man sich auch nur für eines dieser Themen interessiert. Der Rest kommt dann schon.