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nonostar

Posted on 8.2.2020

Das Buch beginnt im Wald mit den beiden Schwestern Robin und Lark, die eine schwanger, die andere ihr Begleiter. Robin und Lark, das Rotkehlchen und die Lerche, hat schon früh ein starkes, scheinbar unzertrennliches Band verbunden. Ihre Kindheit in Kanada war geprägt von einer oft abwesenden Mutter, so dass die beiden sich mehr oder weniger selbst versorgten, wobei Lark als die Ältere sich um ihre kleine Schwester kümmerte. Charakterlich könnten die beiden Schwestern nicht weiter auseinander liegen, Lark ist klug, fleißig, still und darauf bedacht, nicht aufzufallen, Robin hingegen wild, impulsiv und eigensinnig. Und dennoch hatten sie ein inniges Verhältnis, verstanden sich ohne Worte und nur zusammen anzutreffen. Bis Lark nach Amerika geht um dort zu studieren. Das Band, das sie verbindet scheint zu schwinden und sie sehen sich kaum noch. Irgendwann folgt Robin jedoch ihrer großen Schwester nach Amerika und das alte Verständnis und die fast vergessene Vertrautheit leben wieder auf als wären die Jahre dazwischen nie verstrichen. Robin entwickelt sich zu einer herausragenden Pianistin während Lark den Weg zum Film findet. Doch Robin fühlt sich eingeengt durch die strikten Regeln ihrer Musiklehrer und verschwindet schließlich auf Konzertreise in Schweden. Lange sehen sich die beiden Schwestern nicht wieder, in den kurzen Momenten zu Weihnachten o.ä. scheinen sie sich nichts mehr zu sagen zu haben. "Robin und Lark" wird angepriesen als "die Geschichte zweier Schwestern" doch es ist noch mehr als das. Im Mittelpunkt der Geschichte steht v.a. Lark, die versucht ihren Platz im Leben zu finden, die nicht auffallen will und sich lieber verkriecht als zu zeigen wer sie ist und was sie kann. Robin geht ihren Weg, sie schert sich nicht darum, was andere von ihr erwarten und bricht aus aus dem geregelten Leben, das ihr die Gesellschaft vorgibt. Was mich besonders fasziniert hat war die Zeit, die Lark bei dem Dokumentarfilmer Wheelock verbringt, in ihm findet sie so etwas wie einen Gefährten, der sie lange Zeit begleitet. Lark findet in Filmen und allem was damit zusammenhängt eine unvorhergesehene Liebe, als Leser konnte ich ihre Leidenschaft und das Interesse förmlich spüren. Verwebt in die Geschichte gibt Ohlin ein sehr detailliertes Wissen über Filme und ihr Entstehen an den Leser weiter. Wheelock und Larks Zeit bei ihm sind so realistisch beschrieben, das ich das Gefühl hatte, echte Menschen vor mir zu haben, fast als würde ich eine Biographie lesen. Neben den Filmen spielt auch Musik eine große Rolle, wenn auch nicht ganz so viel Raum einnehmend. Ohlin erschafft zwei Welten um Robin und Lark, die sich immer wieder überschneiden und manchmal vollständig übereinstimmen, die aber auch immer wieder voneinander wegdriften. Sie erzählt die geschichte von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter und schließt am Ende den Kreis, wenn auch auf andere Art als erwartet. Es geht in "Robin und Lark" nicht nur um zwei Schwestern sondern auch um das Muttersein und die Verantwortung, die damit verbunden sind, aber auch die Hoffnung und Freude. Ohlin schreibt sehr flüssig und mit einer schnörkellosen Sprache, die jedoch eine Schönheit in sich birgt. Sie schafft es, die Figuren authentisch wirken zu lassen, als würde man eine Geschichte einer Freundin hören, die aus ihrem Leben erzählt. Es geht darum, einen Weg für sich zu finden, der einen durch die Welt und das Leben leitet und jede der Figuren tut dies auf ihre eigene Weise. Diese verschiedenen Wege werden jedoch nicht bewertet, es bleibt dem Leser überlassen, sich ein eigenes Urteil zu bilden, was mir sehr gefallen hat. "Robin und Lark" ist kein lautes Buch, aber dafür ein sehr schönes.

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