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stricki

Posted on 7.2.2020

Eat the poor! Ob die Autorin "Eat the rich" gesehen hat? Und das Ganze dann umgedreht und durch den Fleischwolf gejagt hat? "Wie die Schweine" ist ein unglaubliches Werk, eine Gesellschafts- und Systemkritik, die so vielschichtig und tiefgreifend ist, dass sie sich nur schwer beschreiben lässt. Man könnte sagen, Bazterrica ersetzt einfach die Tierwelt durch Menschen, Menschen in Massenhaltung, in Laboren, Hausschlachtungen. Das alleine hat schon einen riesigen Effekt, führt schon deutlich vor Augen, wie es der Ware Tier in unserer Gesellschaft geht. Weil wir aber daran gewöhnt sind, und das so schön billig ist, regen sich nur die wenigsten darüber auf. Tierfreunde werden belächelt. Oder gemieden, wenn sie zu penetrant auftreten. Das Gros wird das billige Fleisch mit einem leicht schlechten Gewissen konsumieren - Bio-Fleisch ist deutlich teurer, das muss man sich leisten können und wollen. Zurück zum Buch. Es gibt so gut wie keine Tiere mehr und verzehrt werden Menschen. Für diesen Spezialfleischkonsum gibt es aber klare Regeln und Bezeichnungen, Wörter wie Kannibalismus oder Menschenfleisch sind verboten, der Gebrauch kann die Betroffenen direkt selber in den Schlachthof führen. Wie dieser Markt insgesamt entstanden ist, bleibt unklar, auch wie die sonstige Welt funktioniert. Das Buch hat einen klaren Fokus, und der heißt Fleisch. Schlachthof. Jagd. Die Hauptfigur ist Marcos, Geschäftsführer eines Schlachthofes, der bezeichnenderweise Krieg heißt.Marcos ist sehr geschäftstüchtig und erfolgreich, jedenfalls gewesen, bevor er sein Baby an den plötzlichen Kindstod verlor. Daraufhin ging seine Ehe den Bach runter, sein Vater sitzt wahnsinnig im Altersheim und er existiert nur mühsam in seinem Schmerz. Marcos ist ein warmherziger Hundeliebhaber, ein liebender Sohn, ein Typ mit krasser Affaire, ein erfahrener Schlachter. Facettenreich. Er ist alleine und bekommt als Vertriebsmaßnahme ein junges Weibchen geschenkt. Spätestens jetzt legt man das Buch nicht mehr zur Seite. Schon nach wenigen Seiten stellt man erschrocken fest, dass die klinische Sprache des Buches bereits eine perfekte Trennung zwischen Menschen, die Menschen essen dürfen und Menschen, die lediglich als Fleischlieferanten dienen, geschaffen hat. So funktioniert Beeinflussung, niemand ist dagegen gefeit, was für ein Schock! Wie schnell man sich daran gewöhnt, plötzlich versteht man, wie Kriegsgreueltaten geschehen können, was in totalitären Systemen passiert. Das Buch spielt gekonnt mit den Themen Ethik und Moral und stellt ständig alles auf den Kopf. Bazterrica jongliert gekonnt damit. Sie ist unglaublich mutig, tabulos, genau. Sie versteht es, die Geschichte sehr reduziert daher kommen zu lassen, und beinahe beiläufig lässt sie eine Bombe nach der anderen platzen, bis es zum großen Showdown kommt. Sie überrascht einen fortwährend, und ihre Sprache ist ein Genuss, auch wenn man dieses Wort bei diesem Thema kaum einzusetzen wagt. Das Buch wird mich gedanklich noch länger begleiten, so viel ist sicher. Meine absolute Leseempfehlung für Leser, die nicht so zart besaitet sind und die auf viel Tiefgang stehen.

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