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papierfliegerin

Posted on 5.2.2020

» 4.5 von 5 Sternen « Christine Brand erzählt hier eine äußerst gut recherchierte, spannende und vor allem undurchsichtige Geschichte rund um die Ermittlungsarbeit von Polizei, Journalisten und der Hauptfigur Nathaniel. Der Fall ist von der ersten Sekunde an mysteriös und man fängt schon früh an, sich selbst Gedanken zu machen, wer der Täter sein könnte, bzw. wie alles zusammenhängt und worauf alles hinaus laufen wird. Es gibt immer wieder überraschende Wendungen und Erkenntnisse und mittels geschickt eingewobenen Informationen wird der Leser bewusst auf falsche Fährten gelockt. Da wir aus verschiedenen Sichten lesen, wird zusätzliche Spannung erzeugt und es gibt einige interessante Einblicke in die Arbeit von Polizisten und auch von Redakteuren und Journalisten. Da die Geschichte aus mehreren Handlungssträngen besteht, war allein dadurch meine Neugier geweckt, wie sich am Ende wohl alles verbinden würde und wie zum Teufel alles zusammenhängt. Ich war bis kurz vor Ende wirklich komplett planlos und jede Idee, die mir in den Sinn kam, wurde prompt im Keim erstickt. Meine Zweifel wuchsen, ob auch tatsächlich alles so ist, wie es scheint – dann war ich mir wieder ganz sicher, dass es so ist. Es war ein einziges Chaos in meinem Kopf und genau das ist es, was ich mir von einem guten Krimi wünsche. Man spürt, dass sich die Autorin überaus eingehend mit der Thematik beschäftigt hat – allein wie Nathaniel mit seiner Blindheit umgeht wirkte für mich 100% stimmig und brachte einen weiteren, interessanten Aspekt ins Spiel. Zwar muss ich zugeben, dass ich so manche „Entdeckung“ ein wenig sehr zufällig fand, doch im Großen und Ganzen tat dies dem Lesevergnügen keinen Abbruch. Christine Brand weiß, wie man den Leser fesselt und bei mir hat sie mit ihrer Story rund um die verschwundene Carole total ins Schwarze getroffen und 100%ig überzeugt. Ebenso verhielt es sich mit dem Ende, das zwar insgesamt ein wenig vorhersehbar, jedoch nicht minder actiongeladen und spannend wie der Rest des Buches. Alles geschah Knall auf Fall und ich konnte am Schluss gar nicht mehr so schnell lesen, wie ich erfahren wollte, ob ich richtig lag. Dass dies der Fall war, kann ich da sehr gut verkraften, immerhin ist hier viel mehr die Umsetzung wichtig – Überraschungen gab es während der 450 Seiten definitiv genug. Die Hauptfiguren gefielen mir dabei mindestens genau so gut, wie die Handlung an sich. Milla, die Journalistin ist eine aufgeweckte und vor allem zielstrebige Persönlichkeit, die der Geschichte eine Menge gutes tat. Nicht nur, dass sie sich mit ihrem Eifer immer wieder selbst in Gefahr brachte und die Gesetze missachtete; auch ihr Privatleben empfand ich als sehr gelungen. Für mich war sie mit ihren Engagement und ihrer unerschütterlichen Neugier eine perfekte Protagonistin für das Buch und glänzte darüber hinaus durch Herzlichkeit, Authensität und jeder Menge Sympathie. Mir fiel es in keinster Weise schwer, mit ihr mitzufiebern und es machte mir großen Spaß ihrer Recherche beizuwohnen. Nathaniel hatte vermutlich schon mal den „Behinderten-Bonus“, wenn ich das so nennen darf. Natürlich hat man erstmal Mitleid mit einem blinden Menschen, doch im Laufe der Zeit kamen doch immer wieder Zweifel auf, ob ich da nicht auf das falsche Pferd setzte, wenn ich ihn in Gedanken verteidigte. Doch ganz gleich, ob ich ihm nun glaubte, oder nicht – die Sympathie war definitiv da und ich fand ihn nicht nur total interessant durch seine Behinderung, sondern auch sehr glaubhaft. Besonders gut war für ihn als Person auch seine mysteriöse Vergangenheit, die zwar durchaus thematisiert, aber nie ganz aufgeklärt wird – zumindest nicht bis kurz vor Schluss. Das verlieh ihm Tiefgang, auch aber eine Note von Undurchsichtigkeit, was mir ebenso zusagte. Als letztes fasse ich noch eben den Rest der Figuren zusammen. So waren da beispielsweise einige andere Polizeibeamte, oder Mitarbeiter des Fernsehteams. Und auch das Opfer bekommen wir während den laufenden Ermittlungen immer wieder zu Gesicht. Allesamt empfand ich als ausreichend detailliert und greifbar dargestellt, sodass ich mir von jedem ein klares Bild machen konnte [ob ich damit nun richtig lag oder nicht, sei mal dahin gestellt 😀 ] Der Schreibstil von Christine Brand war für mich einfach perfekt für einen Krimi. Einerseits kann sie sehr rasant und temporeich erzählen, auf der anderen Seite bindet sie aber auch ausreichen viele Details und Beschreibungen ein, um sich ein klares Bild der Kulisse sowie den Figuren machen zu können. Die Dialoge sind teilweise sehr forsch, ganz wie man es sich innerhalb eines Morddezernats vorstellt – doch auch freundschaftliche und vertrauensvolle Gespräche kommen zustande. Die Tatsache, dass wir aus mehreren Sichten lesen, bringt uns vor allem die einzelnen Figuren näher, doch auch die Spannung steigt durch die regelmäßigen Wechsel sehr an. Besonders erwähnenswert finde ich [nochmal] die Tatsache, dass auch das Opfer eine eigene Sicht bekommen hat. So leiden wir nicht nur intensiver mit; wir treiben die Ermittler in Gedanken auch zur Eile an um doch noch ein Happy End zu bekommen. FAZIT: „Blind“ von Christine Brand ist ein wirklich toller Krimi, der mich dank Undurchsichtigkeit, Spannung und Action durchaus überzeugen konnte. Auch die Charaktere erhielten von mir nur lobende Worte und der Schreibstil ist ebenso gelungen wie die Recherche zur entsprechenden Handlung. Für das absolute Highlight hätte es vielleicht ein etwas unerwartetere Schluss sein können, doch der Rest des Buches gleicht das beinah wieder aus. So gibt’s von mir sehr solide 4.5 Sterne.

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