Lara
Das allerorten als "Sensation" gelobte Buch von Viet Thanh Nguyen begeistert als schnell und spannend geschriebener Agententhriller. Die Handlung ist recht geradlinig: Ein von den Kommunisten in den USA ausgebildeter Agent, wird mit dem Fall Saigons 1975 in die USA eingeschleust, um sogenannte konterrevolutionäre Kräfte zu beobachten und die Heimat rechtzeitig zu warnen. Was eigentlich thematisiert werden soll, ist vielschichtig: Da geht es um die Identität im Fremden, um Liebe, um das Dasein als Intellektueller und Künstler. Und es wird versucht, die Unmöglichkeit der Befreiung eines Menschen durch eine Ideologie aufzuzeigen. Dennoch bleibt das Buch an der Oberfläche. Wenn es stimmt, dass Literatur Ausdruck eines Denkens ist, dieses Denken aber niemals plump benennt, dann ist das hier eben geschehen. Alles bleibt sehr durchschaubar. Und bisweilen wird bloßes name dropping betrieben ("Diese Frage verlangte nach Camus oder Cognac", "Nach der Flasche Stolichnaya wollte ich mir Die Brüder Karamasow kaufen"). Man klatscht Beifall, und denkt: Schön, dass das heute noch jemand kennt. Bisweilen sind die Bilder auch etwas arg bemüht. Da "stolpern Marineinfanteristen aus der vaginalen Dunkelheit". Oder man wendet seine "Aufmerksamkeit dem dunklen Himmel zu, der ab und an von einer Leuchtfackel erhellt wurde, die wie Sperma in den Himmel spritzte". Das Geschlechtsteil des Ich-Erzählers und seine beachtliche Größe spielen übrigens auch immer wieder eine ganz besondere Rolle. Aber wo doch heute ein Buch an sich schon ein seltenes, fast heiliges Gut ist, mag dann so etwas beeindrucken. Mir ging es irgendwann gehörig auf die Nerven. Gute Urlaubslektüre, aber Jerry Cotton ist ehrlicher.