seehase1977
Katrina Marino macht sich um vier Uhr morgens, nach ihrem Schichtende in einer Bar, auf den Heimweg. Die Straßen sind menschenleer, als sich Katrina wenig später ihrer Haustür nähert. Als sie die Gestalt bemerkt ist es schon zu spät. Sie wird angegriffen und mit einem Messer niedergestochen. Katrinas Schreie dringen durch die Nacht, erreichen ihre Nachbarn, die nach und nach aus ihren Fenstern schauen. Kann Katrina Marino noch rechtzeitig geholfen werden?... Meine Meinung: Der Thriller „Ein Akt der Gewalt“ lag wohl schon eine ganze Weile unbeachtet in meinem Bücherregal. Beim Stöbern ist mir das Buch in die Hände gefallen und einmal angefangen, konnte ich es nicht mehr aus den Händen legen. Ryan David Jahn schreibt seit 2004 als Drehbuchautor für Film und Fernsehen. Sein Erstlingswerk „Ein Akt der Gewalt“ wurde, absolut zu recht, mit dem renommierten Debut Dagger Award ausgezeichnet. Der Plot spielt in den USA der 60er Jahre. Die junge Katrina Marino wird vor ihrer Haustür überfallen und niedergestochen. Die Nachbarn bemerken ihre Schreie, blicken aus ihren Fenstern. Doch wer von Ihnen kommt Kat zur Hilfe? In dieser Story erzählt Ryan David Jahn nicht nur aus der Sicht des Opfers oder des Täters. Vielmehr beleuchtet er in einzelnen Kapiteln das Leben jedes einzelnen Nachbarn in einem Zeitraum von ca. 4 Uhr bis 6 Uhr morgens. Alle Taten, Schicksale und Lebensumstände dieser Personen sind auf irgendeine Art und Weise miteinander verwoben. Trotz der eher einfachen und nüchternen Erzählweise lässt einem der Thriller nicht mehr los. Man hetzt durch die Seiten, ist umgeben von menschlichen Abgründen und Dramen, Korruption und bewegenden Einzelschicksalen. Die emotionale Achterbahnfahrt endet mit einem erschütternden Schlussakt der unter die Haut geht. Die einzelnen Personen und ihre Charaktere sind hervorragend gezeichnet. Authentisch, unverfälscht und tiefgründig. Jede Figur erhält ihren Raum und erzählt eine kurze Episode ihres Lebens. Der Autor schildert diese sehr intensiv, fast schon voyeuristisch. Der Thriller basiert auf einer wahren Geschichte. Der am 13. März 1964 verübte Mord an Kitty Genovese erwecktet durch die offensichtliche Untätigkeit der Nachbarn das öffentliche Interesse und regte Untersuchungen zu dem psychologischen Phänomen an, das als „Zuschauereffekt“ oder „Genovese-Syndrom“ bekannt geworden ist. Mein Fazit: Die Geschichte in dem Thriller „Ein Akt der Gewalt“ von Ryan David Jahn spielt zwar in den USA der 60er Jahre und doch stellt man sich unweigerlich die Frage, ob diese nicht auch im hier und heute genau so geschehen könnte. Schauen wir nicht auch heute noch lieber weg, als Zivilcourage zu zeigen? Ein Buch, dass mich gefesselt und gleichzeitig zutiefst erschüttert hat, ein Buch, das unter die Haut geht und auch nach der Lektüre noch lange präsent ist. Obwohl der Thriller schon 2011 im Heyne Hardcore Verlag erschienen ist, ist er für mich ein Lesehighlight im noch jungen Jahr 2019. Ich kann dieses Buch nur jedem ans Herz legen und absolut empfehlen.