seehase1977
Gelungene und bildgewaltige Fortsetzung der Pest-Saga Wir schreiben das Jahr 1348. Nach wie vor wütet die Pest in Südengland. Bis jetzt ist es Lady Ann of Develish aufgrund besonderer Vorsichtsmaßnahmen gelungen, ihre Schutzbefohlenen vor der Tod bringenden Epidemie zu schützen. Doch die Vorräte gehen zur Neige, eine Versorgung der auf Develish lebenden Menschen wird von Tag zu Tag schwieriger. Damit der Leibeigene und Bastard Thaddeus Thurkell zusammen mit seinen Männern losziehen und Vorräte beschaffen kann, schmieden Lady Ann und Thaddeus einen riskanten und gefährlichen Plan, der nicht nur Thurkell, sondern auch alle auf Develish lebenden Menschen in tödliche Gefahr bringen kann… Meine Meinung: Fast ein Jahr hat es gedauert, bis nun endlich der zweite Teil der historischen Saga von Minette Walters erschienen ist. Im Buch „In der Mitte der Nacht“ gibt es nicht nur ein Wiedersehen mit Lady Ann und den Bewohnern von Develish, auch der „Schwarze Tod“ und die Angst der Menschen vor einer Ansteckung ist nach wie vor allgegenwärtig. Walters hat es geschafft, eine bildgewaltige und packende Fortsetzung zu schreiben. Bemerkenswert, wie gut sich die bekannte und erfolgreiche Krimiautorin nun auch in diesem neuen Genre zurechtfindet. Auf den ersten Seiten verschafft eine Aufstellung nochmals den Überblick über die wichtigsten Personen und Charaktere, so dass man sich relativ schnell wieder zurechtfindet und der Handlung, die direkt an das Ende des ersten Teils anknüpft, nahtlos folgen kann. Es beginnt spannend und temporeich, mit Schauplatzwechseln und aufregenden Szenen. Man trifft auf alte Bekannte, die mit durchaus überraschenden Handlungen neue Wendungen anstoßen. Der riskante Plan, den Lady Ann mit ihrem Verwalter, dem Bastard und Leibeigenen Thaddeus Thurkell schmiedet und riskant und gefährlich ist, droht durch eine bestimmte Person aufzufliegen. Diese Abschnitte sind spannend und fesselnd. Leider schleichen sich auch hier immer wieder allzu ausschweifende und langatmige Passagen ein, die den Lesefluss stören und den Wunsch hervorrufen, die nächsten Seiten einfach zu überblättern. Dennoch versteht Minette Walters es hervorragend, das Leben, die Verhältnisse und die Sorgen und Nöte der Menschen einzufangen und die Stimmung der damaligen Zeit authentisch widerzuspiegeln. Das Ende ist überraschend, stimmig und hat mir sehr gut gefallen. Die Protagonisten, die mich schon im ersten Teil sehr beeindruckt haben und begeistern konnten, sind lebendige, greifbare Charaktere, die sich im Laufe der Geschichte weiterentwickeln und noch mehr an Tiefe gewinnen. Besonders Lady Ann zeigt einmal mehr, wie wenig sie von den auferlegten Konventionen und Rollenbildern hält, mutig beschreitet sie ihren ganz eigenen Weg und hält an den für sie wichtigen Werten fest. Mein Fazit: Der historische Roman „In der Mitte der Nacht“ von Minette Walters ist ein stimmiger historischer Roman und gelungener Abschluss des Zweiteilers. Die Krimi-Queen Walters kommt meiner Meinung nach auch auf dem historischen Terrain bestens zurecht. Die Autorin hat eine abwechslungsreiche Handlung kreiert, erzählt stimmungsvoll und detailreich, stellenweise aber viel zu langatmig und exzessiv, was ich teils als störend empfunden habe. Dennoch möchte ich hier gerne eine Leseempfehlung aussprechen. Wie auch schon der erste Teil hat auch dieses Buch wieder ein schlichtes aber wunderschönes Cover. Ich bin gespannt, ob man von Minette Walters auch in Zukunft mit historischen Romanen zu rechnen ist.