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Sarang

Posted on 5.2.2020

Inhalt: Holly Hogan ist ein wirklicher Problemfall. Seitdem sie ein Kleinkind ist lebt sie im Heim und kommt mit ihrer Situation nicht gut zurecht. Ihre einzige Bezugsperson ist Mirko geworden, ihr Betreuer. Doch dann erzählt er ihr, dass er sich woanders hinversetzen lässt, doch auch Holly eine große Chance hat, denn ein älteres Ehepaar würde sie gerne bei sich aufnehmen. Eigentlich will Holly das nicht, denn sie hat sich in Templeten House, dem Kinderheim gut eingewöhnt, aber ohne Mirko will sie nicht bleiben. Also versucht sie es mit Fiona und Ray, dem Ehepaar. Eines Tages findet Holly bei Fiona eine blonde Perücke, die sie irgendwie cool findet. Als Holly es irgendwann nicht mehr aushält, läuft sie weg. Sie setzt sich die Perücke auf, erfindet einen neuen Namen für sich und ist fortan unterwegs als Solace auf dem Weg nach Irland, zu ihrer Mutter. Denn das glaubt Holly wirklich, dass ihre Mutter in Irland auf sie wartet und sie sie nur finden muss. Mit wenig Geld, einem noch kleineren Plan und nur mit ihrer neuen, fragwürdigen Identität bewaffnet startet Holly voll durch. Doch was wird sie am Ende ihrer Reise erwarten? Oder noch schlimmer, wird sie das Ende überhaupt noch erleben? Meine Meinung: Siobhan Dowd ist eine große Meisterin ihres Werkes. Mit „Auf der anderen Seite des Meeres“ hat sie einen gestochen scharfen Roman kreiert, an den so schnell kein anderer Roman heranreichen kann. Sie verfasst eine Geschichte so mühelos, wie andere einen Schal stricken und das mit solcher Intensität, der ich mich nicht zu entziehen vermochte. Ich weiß kaum, wie ich das in Worte kleiden kann, was ich beim Lesen empfunden habe, denn das war eine Menge. Siobhan Dowd schreibt so, wie das Leben wirklich ist. Sie hat in den Kopf von Holly reingeguckt und so durcheinander und aggressiv wie Holly ist, ist es auch die Geschichte, denn schließlich geschieht die aus ihrer Sichtweise. Als Solace tat Holly wahrlich verrückte Sachen und hat ein Selbstbewusstsein wie für zehn normale Menschen. Manchmal kann das sehr nützlich sein, doch meistens ist das eher gefährlich und leichtsinnig, wenn sie den Leuten mit ihren "tschaka-tschaka" Hüften vor der Nase herumwedelt. Insgesamt habe ich diese psychisch labile Person jedoch beneidet. Denn sie schafft es, sich aus ihren Fesseln zu befreien, ohne groß über die Konsequenzen nachzudenken. Sie tut es einfach, weil sie spürt, dass sie in ihrer derzeitigen Situation nicht glücklich sein kann. Dabei wählt sie nicht den Weg, den viele andere gehen würden. Andere würden lieber über die Ursachen ihres Unglücklichseins nachdenken, um diese dann zu lösen. Doch während andere noch nachdenken, handelt Holly schon und kommt gar nicht erst in die Versuchung vor der Situation zu fliehen. Siobhan Dowd hat in einem lockeren, unbeschwerten und kontinuierlichen Schreibstil einmal mehr bewiesen, dass sie die Menschen versteht und genau weiß, wie sie das alles in eine Geschichte packen kann, um damit anderen Menschen Mut zu machen und ihnen zu helfen. Hollys Geschichte ist rührend, traurig, aber auch glücklich. Sie mag zwar teilweise sehr naiv sein, aber Siobhan Dowd wusste dies zu nutzen und geschickt auszubauen. Ich verheddere mich bei dieser Rezension gerade mit den Wörtern und will so viel sagen, weiß nur nicht wie, denn in mir schreit es unaufhörlich, dass ich nie Etwas schöneres, tragischeres besseres gelesen habe, wie „Auf der anderen Seite des Meeres“. Ich wünschte wirklich ich könnte mehr von Siobhan Dowd lesen, doch leider ist dies nicht mehr möglich und das macht mich sehr traurig, weil immer die Menschen sterben müssen, die es nicht verdient haben und noch so großartiges hätten vollbringen können. Aber ich bin der Autorin dennoch so unglaublich dankbar, dass sie immerhin vier wunderbare Romane kreiert hat, bei denen ich gar nicht zu benennen weiß, welcher mir am Besten gefiel. Mein Fazit: „Auf der anderen Seite des Meeres“ ist vieles. Es ist brutal, es ist ehrlich, es ist traurig, es ist sehr verrückt, es ist quietschlebendig und es ist vor allen Dingen eines: Ein Roman aus dessen Geschichte der Stoff für unsere Träume gemacht ist, also tut es euch an und versäumt dieses Leseabenteuer nicht, denn wenn ihr etwas beim Lesen spüren wollt, findet ihr hier jede Menge Gefühl!

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