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Sarang

Posted on 5.2.2020

Inhalt: Carima verbringt zwei Wochen ihres Urlaubes mit ihrer Mutter auf Hawaii. Dort besuchen sie gemeinsam eine Unterwassertiefseestation, an der Carima den stillen und sensibel scheinenden Leon trifft. Sofort fühlt sich Carima zu ihm hingezogen, denn sie spürt etwas besonderes an ihm. Der 16-jährige Leon führt ein glückliches, aber ungewöhnliches Leben. Seine Eltern sind früh verunglückt, doch seit ihrem Tod lebt er bei der Organisation „ARAC“, genauer gesagt auf der Station Benthos II, die in den Meeren forscht. Zusammen mit seinem Kraken Lucy, zu der er eine besondere, gedankliche Verbindung hat, ist er ein Profitaucher unter Wasser und niemand vermag ihn zu toppen. Sein sorgloses Leben ändert sich, als er feststellen muss, dass Lucy für einige forschliche Zwecke missbraucht werden soll und sogar ihr Tod in Kauf genommen wird. Lucy gehört für ihn zur Familie, so kann er doch ihre Gedanken und sie seine wahrnehmen. Doch nicht nur das: Unterwasser ereignet sich ein merkwürdiges Seebeben, dass die Meeresbewohner aus ihren gewöhnlichen Territorien drängt und Urlauber von ihnen beeinträchtigt, wenn nicht sogar angegriffen werden. Deswegen wird Tauchverbot erteilt, doch Leon will fliehen, um Lucys Leben zu retten. Das gelingt ihm auch, doch an der Oberfläche angelangt wird ihm klar, dass er auf sich alleine gestellt ist und die „ARAC“ mächtiger ist, als gedacht. Außerdem scheinen sie nicht nur Lucy etwas anhaben zu wollen, sondern noch viel größere, verbotenere Dinge zu betreiben, denen Leon ungewollt auf die Schliche gekommen ist. Das lässt den plötzlichen Tod seiner Eltern und seine Vergangenheit in einem ganz anderen Licht erscheinen und Leons Verdacht erhärtet sich, als die ARAC ihn mit allen Mitteln zum Schweigen bringen will. Glück für ihn, dass er erst vor Kurzem Carima kennengelernt hat, dass immer lächelnde Mädchen, bei deren Gedanken er immer so ein Kribbeln im Bauch bekommt, doch wird und kann sie ihm auf seiner gefährlichen Mission helfen? Meine Meinung: Der äußere Schein eines Buches trügt oft und so habe ich mich auch hier blenden lassen. Ich fand das Cover nicht besonders ansprechend und finde die konservative Gestaltung auch ein wenig schade, doch in meinen Ohren klang der Klappentext ganz gut. Deswegen dachte ich mir, dass ein Blick vielleicht doch nicht schaden würde und ich sollte Recht behalten. Denn „Ruf der Tiefe“ verbirgt in sich eine sehr tiefe und fesselnde Macht. Es heißt so schön „Stille Wasser sind tief“ und das kann ich bei diesem Werk nur bestätigen. Die Geschichte ist grandios, die Charaktere genauso, wie ich sie mir wünsche und das Abenteuer ein bahnbrechendes, ohne unlogische oder langweilige Stellen aufkommen zu lassen. Kurzum, dieser Jugendroman ist so ziemlich das perfekteste und delikateste, was man sich als LeserIn nur wünschen kann. Der Schreibstil des Autorenteams trieb mich immer weiter an nur noch ein Kapitel zu lesen und dann noch eines und noch eines und so weiter und sofort. Ich folgte dem Ruf der Tiefe und glitt hinab in eine andere Welt, die farbenprächtig und schillernd zu sein vermag, aber genauso gut hässliche und gefährliche Seiten besitzt. Ein glaubwürdiges Verschwörungs- beziehungsweise Vertuschungsszenario ist in diesem Roman beschrieben, was mir den Atem nahm und mich im Wasser zu ersticken drohte, weil ich vor lauter Spannung beinahe das Atmen vergaß. Der Roman spielt in der nahen Zukunft und besitzt viele moderne Unterwassertechnologien, die noch gar nicht erfunden oder an deren Erforschung man noch ganz am Anfang steht. Die beiden Autoren haben nie den Bezug zur Realität verloren und ein filmreifes Machtspiel kreiert, das viele Menschen begeistern sollte und das einen ganz eigenen und besonderen Liebreiz besitzt. So konzentriert sich die Handlung nicht nur auf die zunächst wesentlichen Punkte, um das Geschehen möglichst schnell voranzutreiben, sondern legt viele verschiedene Spuren aus. Zudem ist das ganze zum Greifen nah und sehr authentisch, da immer wieder neue Muster aufkommen und überraschende Spannungsbögen geschaffen werden, die der Handlung viel Lebendigkeit und einen glamourösen Schein verleihen. „Ruf der Tiefe“ fällt aus allen Rahmen, die ich bisher gelesen habe und konnte mich vom ersten Moment an begeistern. Eine Ideenvielfalt derart präzise und glaubhaft umgesetzt, gepaart mit Charakteren, die nicht nur Sympathien, sondern auch Ekel hervorrufen, wird man hier in tiefe Gewässer gezogen, deren komplette Tragweite erst nach und nach transparent wird und in die ich am Liebsten jederzeit abtauchen würde, um alles um mich herum zu vergessen. Mir sind die Figuren richtig ans Herz gewachsen und die sich zart und langsam entfaltende Liebe zwischen den beiden Protagonisten bot nicht nur eine Abwechslung, sondern eine zusätzliche Motivation dieses Buch ganz schnell zu lesen und bloß nicht mehr aus der Hand zu legen. So wie Leon hier das Meer erobert, haben die beiden Autoren mein Leserherz erobert und ich wäre erfreut, noch mehr von ihnen lesen zu können. Beim Lesen kamen für mich einige Fragen auf, besonders zu den verwendeten Tauchanzügen und dem so genannten „Flüssigatmen“. Ich hätte gerne gewusst, ob es das wirklich schon gibt und stellte mich nach dem Lesen auf eine kleine Recherche ein. Die wurde aber überflüssig, weil „Ruf der Tiefe“ ein sehr aufschlussreiches Glossar besitzt indem die Grenzen zwischen Realität und Fiktion und unklare Begriffe der Meeresbiologie geklärt werden. Mein Fazit: Wer mal wieder so richtig in einer Geschichte versinken will und das Gefühl hat, er würde mit den Charakteren gerne auf einer Wellenlänge schwimmen, kann dies im doppelten Sinn des Wortes bei „Ruf der Tiefe“ problemlos tun. Die zwei Autoren Katja Brandis und Hans-Peter Ziemek ließen hier keine Wünsche offen und haben eine dichte, komplexe, in sich schlüssige und magische Geschichte, die voller Seele, Begehren und Verlangen zu sein scheint, verfasst, der ich mich willenlos hingeben musste und die mich sehr zu bannen vermochte. Außerdem wurde hier für mich eine ganz wichtige Botschaft transportiert, die sich mit Freundschaft, Mut im Leben und Loyalität auseinandersetzt. Schönere Lesestunden als mit diesem Werk hätte ich mir gar nicht wünschen können und ich würde mich freuen, wenn andere sich auch so auf dieses Abenteuer einlassen könnten, wie ich es tat, denn diese Geschichte ist es mehr als wert. Es löst einen von den Fesseln des Alltags und weist einen daraufhin nie vergessen zu leben. Denn es heißt doch: „Carpe Diem“, „Seize the day“, also nutze den Tag. Das meine ich ernst, denn das solltet ihr wirklich tun und wie das zu bewerkstelligen ist, dafür wird euch „Ruf der Tiefe“ nur zu gern die Augen öffnen und noch vieles, vieles, vieles, vieles, vieles mehr!

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