papierfliegerin
„Träume aus Nacht und Ewigkeit“ ist kein Buch, wie jedes andere. Es hebt sich sogar ganz grundlegend von anderen Fantasy-Romanen ab. Während ich es gewohnt bin, eine Geschichte zu durchlaufen, war es hier eher ein durchschweben der Handlung. Es fällt so wahnsinnig leicht, sich fallen und treiben zu lassen, den Alltag zu vergessen und abzuschalten. Man rauscht nur so durch Seiten, vergisst alles und jeden um sich herum und fühlt sich komplett gefangen. Kenzie Phoenix hat einen enorm magischen, fast poetischen, aber vor allen Dingen träumerischen Schreibstil und weiß mit ihren Worten umzugehen. Man spürt mit jeder Faser, dass sich auch die Autorin dem Fluss hingab und sich rein auf die Worte konzentrierte und diesen allein mehr Aufmerksamkeit schenkte als dem Gesamtbild. Das hatte zur Folge, dass sich nur schwerlich ein Bild vor dem inneren Auge aufbaut, und wenn es denn mal kurzzeitig gelang, gleich wieder in sich zusammenfiel. Im Normalfall ein absoluter Genickbruch für jedes Werk – so aber nicht hier bei Aislinn’s Geschichte. Hier ist es ein Erlebnis, die Worte, seien sie auch noch so schwammig, einfach zu genießen. Ich bin mir inzwischen sicher, dass ich so einiges aus der Geschichte gar nicht auf,- bzw. wahrgenommen habe. Dadurch kam auch mein Verständnis der Handlung gegenüber ins Straucheln, immerhin ist die Idee und das Konzept für sich allein schon durchaus als „kompliziert“ zu betrachten. Dazu noch der anspruchsvolle Schreibstil war eine echte Herausforderung für mich. Dabei hätte es relativ einfach sein können, immerhin ist das Buch in mehrere Perspektiven bzw. Welten unterteilt, sodass sich Traum und Wirklichkeit gar nicht in die Quere hätten kommen müssen – es aber durch das vermischen einfach trotzdem tun. Das sorgte für ordentlich Chaos in meinem Kopf und trotz allem war das Lesevergnügen fast ungebremst. Mir war es beinahe egal, was da erzählt wurde, hauptsache ich darf weiter in diesem Schreibstil versinken. Trotzdem gehört die Handlung natürlich dazu und ich möchte auch nicht sagen, dass ich nichts verstanden habe – besonders Aislinn’s Perspektive hatte definitiv ihre Momente und fesselte mich genug, um meine Neugier zu wecken. Was passiert mit ihr? Wem hat sie zu unrecht ihr Vertrauen geschenkt? All das waren durchaus Spannungs-Bringer, verloren aber durch den fehlenden roten Faden einfach ein wenig an Wirkung. Ich hätte mir einfach ein paar mehr aufklärende Details gewünscht, die Licht ins Dunkel bringen und die Szenen, Begebenheiten und alles drum herum ein wenig deutlicher werden lassen. So blieb mir am Ende nur meine Fantasy, und obwohl die durchaus vorhanden ist, ist es doch ungewohnt, derartige Kulissen und Elemente hervorzurufen, ohne einen Anhaltspunkt. Das Ende barg, eigentlich genau wie der Rest, wieder einige riesige Fragezeichen. Die Auflösung des Ganzen gefiel mir sehr gut; die Action und Spannung war erstaunlich vielseitig und erstaunlich stark, sodass besonders die letzten Seiten nur dahin flogen. Außerdem machte es Sinn und klärte einiges auf – aber eben nicht alles. Auch hier war es besonders wieder das fehlende Bild, das mir etwas sauer aufstieß. Ich konnte mir, trotz der vielen Adjektiven, einfach nichts richtig vorstellen und verzweifelte daran immer mehr. Mag sein dass dieses Werk meine Vorstellungskraft schlicht und ergreifend überstieg. Das selbe löste dann auch die Probleme bei den Charakteren aus. Man kann nicht behaupten, die Figuren wären nicht greifbar gewesen – aber auf eine gewisse Weise waren sie es schon. Ich konnte zwar mit Aislinn mitfiebern, spürte aber auch diese unüberbrückbare Distanz zwischen uns. Dazu kam, dass die 16-jährige Schülerin charakterlich alles andere als einfach war. Mit ihren Halluzinationen, den depressiven Verstimmungen und der innerlichen Zerrissenheit war es schwer, sich an ihrer Seite überhaupt wohl zu fühlen. Zumindest mir erging es so. Ihre Laune übertrug sich in einem erstaunlichen Ausmaß auf mich und auch wenn ich nicht unter Depressionen leide auch nicht dazu neige, war es zeitweise schwierig, mich davon zu befreien. Das Abschütteln gestaltete sich also aus durchaus schwierig. Ich fühlte mich niedergedrückt von den schweren Emotionen, die Aislinn verspürte, die allgemein die Stimmung beeinflussten – nicht nur meine, sondern auch die der Geschichte. Ebenso verhielt es sich mit Jason und Caleb, obwohl es mir hier leichter fiel, mir ein Bild der beiden zu machen. Ich habe mir schon früh den Favoriten rausgepickt und fieberte dementsprechend mit diesem deutlich mehr mit, als mit dem anderen. Ansonsten gefielen mir die Charaktere aber oberflächlich sehr gut – jeder barg seine Geheimnisse und Absichten und waren soweit es möglich, total undurchsichtig und überraschten mich auf mehr auf einer Ebene. Aber es fehlte einfach das gewisse Etwas, um einen oder gar mehrere wirklich liebgewinnen zu können. FAZIT: „Träume aus Nacht und Ewigkeit“ von Kenzie Phoenix war eine absolute Faszination für mich. Obwohl ich einiges der Handlung nicht verstand oder gar verpasste, fühlte ich mich in der Geschichte restlos gefangen. Die Handlung ist verzwickt, teilweise ein wenig verwirrend und oft lässt sich der rote Faden nicht so recht erkennen. Aber mittels wunderschönen, magischen Worten erzeugt die Autorin eine verträumte, stimmungsvolle Atmosphäre, die einlädt zu verweilen. Wäre dieser kleine Punkt mit der Verständlichkeit nicht gewesen, hätten wir uns hier im Bewertungssystem ganz ganz ganz oben befunden, so hab ich mich jetzt aber doch für eine etwas niedrige Bewertung entschieden und lande letztlich bei guten 4 von 5 Sternen. Bitte liebe Kenzie, schreib weiter – das Talent, das dir inne wohnt ist phänomenal.