Profilbild von seehase1977

seehase1977

Posted on 4.2.2020

Biografischer Einblick in den Abgrund menschlichen Seins – schockierend und düster In der Hamburger Kneipe „Zum Goldenen Handschuh“ findet der sozial schwache und in der Unterschicht der Großstadt lebende Fritz Honka seine Opfer. Bindungslose Frauen fortgeschrittenen Alters, die allesamt aus dem Milieu entstammten und sich nicht selten für Unterkunft und Alkohol prostituierten. Ende der 1970er Jahre wird Honka eher durch Zufall als Mörder überführt und wird zur tragischen Berühmtheit. Meine Meinung: Meine Meinung: Heinz Strunk, ein Name, schon oft gehört, aber noch keines seiner Bücher gelesen. Eine Tatsache, die nun der Vergangenheit angehört. Mit seinem biografischen Buch „Der Goldene Handschuh“ über den Serienmörder Fritz Honka hat Strunk mich eiskalt erwischt. Ein schockierender, abstoßender und gleichzeitig doch unheimlich faszinierender Roman. "Manche sitzen zwanzig, dreißig Stunden hier. Einmal hing einer zwei Tage und Nächte bewegungslos auf seinem Hocker, der war schon tot, wegen des Schichtwechsels hat aber keiner was gemerkt." Die Reise, auf die der Autor seine Leser schickt, ist düster, abschreckend, schockierend, aber auch unglaublich fesselnd. Tief taucht man ein in die Welt von Alkohol, Sex und Elend. In einer rund um die Uhr geöffneten Hamburger Kneipe treffen sich die Unteren der Gesellschaft. Im „Goldenen Handschuh“ stranden alle, die nirgendwo anders mehr hinkönnen. Trinker, in die Jahre gekommene Nutten, Kriegsversehrte. Menschen wie „Soldaten-Norbert“ oder „Tampon-Günter“ fristen hier im Schmiersuff ihr Dasein, ein Leben mehr im Delirium denn in der Realität. Zu ihnen gehört auch der Serienmörder Fritz Honka. Seit 1962 hat der Handschuh rund um die Uhr geöffnet, 365 Tage im Jahr, 24 Stunden am Tag." Strunk erzählt dieses Szenario und die biografische Geschichte Fritz Honkas gnadenlos und ungeschönt. Man schwankt zwischen Faszination und Ekel und kann das Buch doch nicht aus den Händen legen. Eingerahmt wird der tragische Lebensabriss des Serienmörders von einer fiktiven Geschichte aus der oberen Etage der Gesellschaft. Im Blickpunkt stehen die Familienmitglieder einer hanseatischen Reederdynastie. Auch hier trifft man auf menschliche Abgründe und tragische Charaktere Am Ende treffen diese – und hier wird gekonnt ein Bogen zur Hauptstory geschlagen – im Goldenen Handschuh auf die mitleidlosen Bewohner des Hamburger Kiez. Für mich hätte es den Schlenker in die Fiktion nicht gebraucht, die Geschichte hat mich gar nicht interessiert und die Figuren waren so abstoßend wie die düsteren Straßen St. Paulis. Die eigentliche Faszination liegt im Goldenen Handschuh und bei Fritz Honka und seiner Vita. Mein Fazit: Ein facettenreicher, düsterer und erbarmungsloser Roman. Heinz Strunk erzählt ohne zu werten und zu verurteilen authentisch derb und ungeschönt. Stellenweise harter Tobak, vor allem wenn es an ekelerregende und abstoßende Details geht. Ein Buch, dass dennoch eine faszinierende Sogwirkung auslöst, die vor allem der Geschichte Fritz Honkas geschuldet ist. Ein lesenswerter Roman, auch wenn er mich im Ganzen betrachtet nicht vollends überzeugen konnte.

zurück nach oben