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Posted on 4.2.2020

Der Aufstieg und Fall des D.O.D.O. Es gibt Bücher, die man sich einfach gönnen muss. Bücher, die neue Welten eröffnen, das „Was-wäre-wenn-Denken“ stimulieren und, wie bei Neal Stephensons und Nicole Gallands Gemeinschaftsproduktion „Der Aufstieg und Fall des D.O.D.O.“ , die Freude am Lesen und gleichzeitig das Humorarreal stimulieren. So ist The Rise and Fall of D.O.D.O. optisch ganz besonders, aber ebenso inhaltlich und stilistisch eine opulente literarische Köstlichkeit, von der man nicht genug bekommen kann. Ein absolutes Must-Read für Connaisseure hochwertiger Science Fiction und Fantasy, aber auch wissenschafltlich und historisch interessierte Leser*innen werden bestens bedient. Die Übersetzerin Juliane Gräbener-Müller hat hier unter erschwerten Bedingungen kongeniale Übersetzungsarbeit geleistet. Ihr Sprachwitz, der zu einem „Department für obendrauf dreckige Objekte“ führte und ihre Gesamtleistung sind nicht genug zu loben! Der Aufstieg und Fall des D.O.D.O. ist ein fortwährender großer Spaß voll Esprit mit seriösem Hintergrund. Rasanz und abgefahrene Szenarien sind man bei Cyberpunker Neal Stephenson (Snow Crash) gewohnt, Co- Autorin Nicole Galland fügt hier die weibliche und besonders die historische versierte Komponente ein. So weitläufig, umfassend und verzweigt die Story ist, fällt es einem durch das großartige Layout und den stilistischen Mitteln aus Tagebuchaufzeichnungen, Senatsanhörungen, behördeninternem E-Mailverkehr und persönlichen Berichten nie schwer, den roten Faden, trotz zahlreicher Anbenteuer zu verfolgen und nie ist erkennbar, worauf es am Ende hinausläuft in diesem wahnwitzig, faszinierenden Unsiversum aus Magie, Hexen, Zeitreisen in verschiedenen Jahrhunderten und Gegenden, Abenteuern, Schwertkämpfen, RASANZ, Wissenschaft, Quantentechnologie, Quipus, Abakusbesen und Glamour oder besser: GLAAMR ( = Galvanische Liminale Aura als Antezedenz zu mehrfachem Riss). Kunstvoll angelegt sind die Pfade durch Zeitalter, Epochen und wissenschaftlichem Background, der hier wirklich magisch Magie und Wissenschaft zusammenführt. Erzählt wird der Roman zu einem beträchtlichen Teil von der jungen Lingustin Melisande Strokes in ihrer „Diachronik“ beginnend bei ihrer Anwerbung, durch den optisch ansprechenden West- Pointer Ltn. Tristan Lyons, für das spätere D.O.D.O. dem Department of Diachronik Operations. Im folgenden Zitat besucht sie aus beruflichen Gründen Salem: „Dreieinviertel Jahrhunderte, nachdem neunzehn unschuldige Menschen grundlos gehängt worden waren, beschloss ein Haufen New-Age-Typen, deren Auffassung von Hexenkunst absolut nichts mit der Auffassung von Hexenkunst im 17. Jahrhundert gemein hatte, gleich neben den Gräbern der Opfer ihre Geschäfte zu machen. Ich glaube es hackt. Für eine derart schlampige Logik fehlt mir jegliche Toleranz.“ Strokes und Lyons versuchen mithilfe der Physik, Professor Oda, seiner Gattin Rebecca East-Oda und der knackigen aber griesgrämigen Hexe Erzesbeth (die ihre eigenen Gründe hat. sich an dieser Unternehmung zu beteiligen: „In den Versuch einzuwilligen war der schnellste Weg, Geld zu verdienen, das mir die Chance gibt nach Ungarn zu gehen und auf die Gräber meiner Feinde zu spucken.“), die 1851 urplötzlich verschwundene Magie wieder in die Welt zu bringen. Ursprünglich um die Welt zu verbessern, doch da auch die Fugger und das Militär involviert sind, entgleiten ihnen diese Bemühungen etwas, da militärische und kapitalistische Interessen und Interventionen zu unvorhersehbaren Eskalationen und ethischen Grundsatzfragen führen. Stilistisch erinnerte mich „Der Aufstieg und Fall des D.O.D.O.“ ein wenig an Markus Orths genialen Roman Alpha & Omega – Apokalypse für Anfänger , allerdings weniger intellektuell verschwurbelt und leichter lesbar, der auch meinen geschätzten Bücherfreund Rallus überzeugte. Wer sich angesprochen fühlt, von diesem beruhigend dicken Wälzer mit seinem wunderschönen, satt nachtblauem Cover und Wert auf gepflegte intelligente Unterhaltung legt, der kommt nicht drum rum sich dieses genreübergreifende, opulente Werk zu besorgen. Es ist jeden Cent wert. 846 Seiten die ich mit höchstem Vergnügen verschlungen habe (tatsächlich habe ich sogar ein wenig gebremst gelesen, um den Genuss zu verlängern). Unbedingt beachten sollte man den Warnhinweis der Autoren an die Leser*innen des am Ende des Romans zu findenden, wirklich nützlichen Glossars.

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