Sarang
Licht blitzt mich an, es sticht in meinen Augen. Ich gucke aus Zudeck raus, aber nur blinzelig. Ma steht neben Lampe und alles ist hell, dann zack wieder dunkel. Dann wieder Licht, sie lässt es drei Sekunden an, dann wieder dunkel. Dann nur eine Sekunde hell. Ma starrt hinauf zu Oberlicht. Jetzt wieder dunkel. Ich warte, bis Lampe richtig aus ist, dann flüstere ich: "Fertig?" "Tut mir leid, dass ich dich aufgeweckt habe", sagt sie. "Macht nichts." Sie kommt wieder in Bett, sie ist kälterer als ich. Ich lege meine Arme um ihre Mitte. S. 45 Inhalt: Jacks beste Freunde sind Fernsteuerung, das Buch Dylan und Dora aus dem Fernsehkasten. Am Liebsten rennt Jack von der einen Seite des Raumes auf die andere und an der Tür sind schon einige Striche, die seine Größe zu verschiedenen Zeitpunkten markieren. Jacks Welt ist sehr, sehr klein, aber auch dementsprechend einfach. Es gibt klare Regeln, wenige Ausnahmen und als Sontagsgutti dürfen sie sich von Old Nick etwas wünschen. Jack ahnt nicht, dass seine Mutter vor einigen Jahren entführt wurde und nun in diesem Raum leben muss, indem sie ihn zur Welt brachte. Es würde Jacks Vorstellungskraft übersteigen zu wissen, dass es mehr als ihren Raum gibt und dass die Welt, die er im Fernseher sieht, doch echt ist und irgendwo existiert; außer natürlich seiner lieben Dora, denn Dora ist nur eine Zeichentrickfigur. Doch Jacks Mutter beginnt ihm zu erklären, dass sie nicht für immer in RAUM bleiben können und dass sie eines Tages versuchen müssen zu fliehen. Wie bald dieser Tag gekommen ist, überrascht am Ende vermutlich seine Mutter am meisten. Meine Meinung: Es fällt mir sehr schwer diese Rezension zu schreiben, ohne zu viel zu verraten, denn die meiste Kritik die ich formulieren könnte, richtet sich gegen die Stellen, die ich nicht erzählen möchte... Zwischenzeitlich schwankte ich sehr zwischen dem Gedanken, was dieses Buch bitteschön sein soll und dem, wie schlau Emma Donoghue doch im Grundgedanken sei. Am Ende siegten die überzeugenderen Passagen und insgesamt hat mir der Verlauf der Geschichte sehr gut gefallen. Emma Donoghue hatte in mehreren Momenten das absolute Überraschungsmoment auf sich. Die Sichtweise von Jack ist einerseits sehr gut, denn so konnte ich seine Gedankengänge, vor allen Dingen jedoch Reaktionen komplett nachvollziehen, andererseits bewirkte sie auch ein sehr großes Hindernis. Emma Donoghue wollte diesen Jungen wohl sehr authentisch in dieser Geschichte zu Wort kommen lassen, allerdings ist sein Wortschatz und seine Art sich auszudrücken teilweise grenzwertig. Natürlich ist es nur realistisch, dass ein Junge, der die bisherigen, ganzen 5 Jahre seines Lebens nur in einem Raum mit seiner Mutter verbrachte, den einen oder anderen Sprachfehler hat, doch für einen Roman kann sich dies tödlich auswirken. Je mehr sich Jacks Verständnis für die Welt weiterentwickelte, desto besser erschien mir seine Sprache oder ich hatte mich inzwischen einfach daran gewöhnt. Anfangs bereitete es mir aber sehr, sehr große Schwierigkeiten und bis zum Ende habe ich mich gar nicht damit anfreunden können. So abwegig das beschriebene Szenario in RAUM zunächst erscheinen muss, desto weniger unwahrscheinlich kommt es mir nach einigem Nachdenken inzwischen vor. Gerade in den letzten Jahren tauchten plötzlich aus der Versenkung einige entführte und bereits totgeglaubte Menschen auf. Denn so viel Gutes wir mit den Mitteln unserer Zeit bewirken können, so viel Schlechtes ist auch möglich. Wenn Ihre Nachbarn in einer Gartenanlage einen Schuppen besäßen und dort eventuell auch noch unterirdisch eine Fläche angelegt wäre, würden Sie das merken? Natürlich wären entsprechende Vorkehrungen getroffen worden, so dass niemand etwas merkt und es ist an sich ja auch nichts ungewöhnliches daran, gelegentlich in sein Gartenhäuschen zu fahren. Würde Ihnen auffallen, dass jemand gegen seinen Willen in diesem kleinen Häuschen, mehr einen Raum zu nennen, leben muss? Und wenn Sie es wüssten, würden Sie etwas unternehmen? Im Fall Jack von Emma Donoghue war es tatsächlich so, dass niemand eine Chance hatte zu helfen, doch im wirklichen Leben ist es oft anders. Da gucken viele weg. Selbstverständlich nicht alle, doch genug, um einigen Menschen so unendlich viele Qualen zu bescheren. Mein Fazit: RAUM besitzt einige Merkmale, die mich wirklich abschreckten und zu meiner Entscheidung bewogen einen Stern abzuziehen. Prinzipiell ist dieser Roman eine wirkliche Bereicherung um einen anderen Blickwinkel auf die Welt zu erhalten und generell noch einmal über unsere Existenz nachzudenken. Allerdings halte ich die großen Lobpreisungen im Vorfeld durch Leserstimmen auf dem Klappentext für vernichtend, denn so wurden bei mir Erwartungen geschürt, denen Emma Donoghue nicht gerecht werden konnte. Denn der Aussage Audrey Niffeneggers, dass die Welt nach diesem Roman zwar dieselbe sei, man selbst sich jedoch verändert habe, kann ich für mich absolut nicht zustimmen.