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Posted on 3.2.2020

Flowerpower goes SciFi die zweite Künstliche Intelligenz ist eines der beiden Hauptthemen von Becky Chambers zweitem, langersehnten Roman. Die KI Lovelace, besser bekannt unter dem Nick Lovey, wie die Besatzungsmitglieder der Wayfarer sie liebevoll nannten, ist zwar futsch, doch konnte sie reanimiert und rebootet werden: zumindest was von ihr übrigblieb. Technikerin Pepper nimmt sie unter ihre Fittiche und kümmert sich um ihr Wohlbefinden. Nicht ungefährlich für alle Beteiligten, gibt es doch seitens der GU (Galaktische Union) strenge Bestimmungen darüber, wie KIs, also künstliche Intelligenzen, verwendet werden dürfen. Bereits dieser Plot birgt großes Potential. Ethisch und moralisch ist diese Regelung durchaus zu hinterfragen. Die fiktive GU macht es sich hier ebenso einfach, wie die heute lebenden Homo Sapiens in Bezug auf die Primaten: Die großen Menschenaffen, wie Gorilla, Orang -Utan und Schimpansen die eine überwältigende Genübereinstimmung mit uns haben, unzweifelhaft über Intelligenz verfügen und die noch immer keinen offiziell gültigen Schutzstatus haben. Gesetzlich werden unsere engsten Verwandten behandelt wie alle anderen Tiere. Insofern verwundert wenig, dass in Chambers zukünftiger Welt die KIs diesselbe Behandlung erfahren wie Toaster. Chambers geht auch weniger auf den Umgang mit den KIs ein sondern widmet sich in „Zwischen zwei Sternen“ dem Gefühlsleben von KIs respektive Lovelace‘ die sich in ihrem menschlich gestalteten Kit nun Sidra nennt. Das ist spannend und faszinierend, bietet viel Anlass zum Nachdenken in Hinblick auf derartige Existenzen und den Umgang mit ihnen in naher Zukunft. Leider musste ich kürzlich, mal wieder einen Teil der Terminator was – weiß – ich – wieviel – ologie ertragen, da Sohn und Göttergatte den Schrott mögen. (Sohn fand es übrigens später auch dämlich, was aber auch an synchron kommentierender und beeinflussender Beurteilung meinerseits gelegen haben könnte – übrigens macht frau sich damit unbeliebt). Die Action dort, heroisch und machomanmässig lässt sich mit Chambers gezielt und gekonnt eingesetzter Action und deren Spannungsgrad nicht vergleichen. Chambers punktet durch Inhalt, beherrscht dabei durchaus auch die Actionszenen. Eben SciFI 4.0. Der zweite Plot, in der Vergangenheit spielend, erzählt das Leben von Pepper die als eigens gezüchtete Arbeitssklavin auf einem von humanoiden besiedelten Planeten aufwuchs. Dieser Plot veranschaulicht zusätzlich das Thema des anderen Handlungsstrangs aus einer gänzlich anderen Perspektive. So trocken sich die Inhaltsangabe liest, so bunt und liebevoll zeichnet Chambers ihre Charaktere, macht ihre Handlungen und Gefühlswelt erleb- und begreifbar. Das liest sich ebenso fluffig weg wie ihr erstes Buch aus dem Wayfarer Universum und setzt wie diese den erzählerischen Schwerpunkt auf die Protagonisten, ohne das Beiwerk, die Ausgestaltung der Welt/en, zu vernachlässigen. Wer sich wie ich eine Wiederholung von „Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten“ wünschte, wird sich umstellen müssen. Es fehlen liebgewonnene Charaktere, ein wenig fehlt das All und ein klein wenig mehr Gadgetvorkommen hätte es auch sein dürfen, doch am Ende ist „Zwischen zwei Sternen“ ebenso packend, eine würdige, abenteuerliche Fortsetzung ohne Wiederholung und es ist alles drin was einen guten SciFi ausmacht. Großartig und intelligent entwickelt Becky Chambers ihr Universum weiter, wendet sich hochaktuellen Themen zu und packt sie in eine potentielle Zukunft. Chambers lässt schlicht den ganzen Machodreck (ab und an, wenn es nicht gerade der Terminator ist, pfeif ich mir das auch ganz gerne rein) der in der klassischen SciFi oft dominiert außen vor und siehe da, es funktioniert bestens. Clevere, niveauvolle Unterhaltung mit Herz zusätzlich zum Hirn. Technologie, die in ihrer Anwendung erwähnt wird und keine öden Technikergüsse die Leser*innen zu besserem Einschlafverhalten verhelfen. Im Gegenteil, auch bei diesem Roman habe ich wieder Nachtschichten einlegen müssen. Da ist es schön, zu wissen, dass sie an einem weiteren Buch im Wayfarer Universum arbeitet und ich bin sehr gespannt welchem Thema sie sich diesmal zuwenden wird. Frau Chambers hat das Niveau mit „Zwischen zwei Sternen“ noch einmal hochgeschraubt.

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