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annelovesbooks

Posted on 3.2.2020

Colleen Houck schafft es, jede Umgebung detailliert und sehr genau zu beschreiben. Man hat als Leser das Gefühl, als sei man selbst Teil der Geschichte. Ihr Schreibstil ist locker und man kommt sehr schnell voran, und auch die Emotionen werden klar und verständlich herüber gebracht, so dass man sich ab dem ersten Satz in „Kuss des Tigers“ verliert und bis zum Ende nicht mehr daraus hinaus findet. . Liebevoll kraulte ich ihm die Schulter und beruhigte ihn mit meinem Flüstern, während meine Hand sanft über sein Halsband fuhr und die schweren Ketten löste. Ren blickte zu den Männer, die erstarrt mit erschrockenen Mienen dastanden, schnaubte ihnen sein Missfallen entgegen und knurrte verhalten. Als ich ihm Wasser gab, rieb er den Kopf an meinem Arm, ohne die Arbeiter eine Sekunde aus den Augen zu lassen, als sei er mein Wachhund. Die Männer begannen, auf Hindi zu tuscheln. [S.101] . Auch in „Kuss des Tigers“ ist der Hauptcharakter weiblich. Ihr Name ist Kelsey Hayes. Sie ist siebzehn, fast achtzehn Jahre alt, hat braune Haare – und außerdem sind ihre Elten verstorben. Und hier kann ich auch gleich zum ersten Pluspunkt kommen: In „Kuss des Tigers“ wird auf diesem Thema nicht herumgeritten, so wie es ab und zu mal in einigen Büchern getan wird. Die Geschichte dreht sich nicht ständig darum, sondern zeigt diese Trauer Kelseys meist nur am Rande – dafür aber sehr liebevoll beschrieben. Ihr Eltern sind tot und das bleiben sie auch – damit hat die junge Protagonistin sich abgefunden. Abgesehen davon hat mich ihre Stärke wirklich beeindruckt. So gefährlich die Situation auch war, sie hat sich nie von ihrer Angst überwältigen lassen und vergessen zu handeln. Ihr Mut zeigte sich immer wieder in verschiedenen Textpassagen, ohne dass es klischeehaft oder gespielt wirkte. Die manchmal bissige, liebevolle oder schnippische Art Kelseys hat mich persönlich genau so überzeugt; und ihre Schlagfertigkeit lockerte an vielen Stellen ungezwungen die Stimmung auf. . Leider muss auch gesagt werden, dass sie mir zum Ende hin immer wieder auf die Neven gegangen. Unnötiges Gestreite und Dickköpfigkeit kamen bei ihr dann sehr präzise durch, und haben mir fast den Lesespaß verdorben. Und zu guter Letzt trifft sie auch noch eine völlig ungerechtfertigte Entscheidung, die ich kein bisschen nachvollziehen konnte. Es wirkte etwas, als wolle die Autorin auf ein offenes Ende abzielen und müsse deswegen alles Schlechte in Kelsey zum Vorschein bringen. Wichtig hier zu erwähnen ist meines Erachtens nach auch noch Ren. Schließlich fängt es wegen ihm mehr oder weniger erst an. Außerdem ist er ebenfalls ein sehr bedeutender Charakter, und wäre das nicht genug, ist er dazu auch noch unheimlich sympathisch! Ren ist ein starker, liebevoller und teils auch selbstloser Beschützer, der nichts unversucht lässt, damit Kelsey nicht in Gefahr gerät – ob nun als Tiger oder als Mensch. Ich habe ihn schon am Anfang ins Herz geschlossen. . Fazit: „Kuss des Tigers“ hat natürlich hier und da seine Schwächen, überzeugt jedoch mit sehr vielen positiven Seiten, und ist durch einige Feinheiten und Wendungen gut abgerundet. Von mir eine Leseempfehlung für diejenigen, die romantische und vor allem auch mit vielen Mythen verbundene Lektüre mögen.

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