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Simone Scamander

Posted on 1.2.2020

Inhalt: Enya will Schriftstellerin werden. Die junge Wienerin arbeitet hart daran, ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen, doch die Realität ist bitter: In ihr Postfach flattern nur Absagen. Je mehr es werden, desto weniger Verständnis hat ihre Familie für ihren Traum. Auch von ihrem Freund Carlo fühlt sie sich mit jedem Tag weniger verstanden, obwohl er doch selbst seiner Leidenschaft gefolgt ist - im Gegensatz zu Enya jedoch mit Erfolg. Enya gerät ins Zweifeln, aber dann begegnet sie Janosch. Janosch, der zuhört. Sie unterstützt. Ihr Manuskript versteht. Während Enya als Schriftstellerin neuen Mut fasst, gerät etwas anderes in ihr ins Wanken. Dabei ahnt sie nicht, dass Janosch ein großes Geheimnis in sich trägt ... Meinung: Eine Protagonistin, die schreibt, und ein ehrlicher Blick auf die Verlagswelt: Wie könnte man als waschechter Bücherwurm zu solch einer Geschichte Nein sagen? Als ich auf "Die Welt durch deine Augen" aufmerksam wurde, war es schnell um mich geschehen. Im Nachhinein kann ich bestätigen: Völlig zurecht, denn Sarah Heines erster Roman hat mir wirklich schöne Lesestunden beschert. Enya ist eine junge Protagonistin, mit der man sich sehr gut identifizieren kann. Denn ob man nun selbst schreibt oder nicht: Das Gefühl, vor unüberwindbaren Mauern zu stehen, und die Angst davor, seine Träume aufgeben zu müssen, kann wohl jeder auf die eine oder andere Weise nachvollziehen. Ich habe daher schnell mit Enya mitfühlen können, und ebenso schnell wurde ich auch in einen Lesesog gezogen, da ich um keinen Preis Enyas Fortschritte verpassen wollte. Der Großteil des Romans wird aus Enyas Sicht beschrieben, aber auch der Protagonist Janosch erzählt einige Kapitel aus seinem Blickwinkel. Diese Szenen mochte ich fast am liebsten. Ich schreibe hier "fast", weil es noch einen weiteren Strang in der Geschichte gibt, der mein Leserherz am stärksten im Griff hatte, nämlich den von Elliott und Lynn. Elliott und Lynn sind die Protagonisten des Manuskripts, an dem Enya arbeitet. Sarah Heine hat Teile des Manuskripts in ihren Roman eingewoben, sodass man quasi ein Buch in einem Buch mitlesen darf - und, ganz ehrlich, ich kann nicht verstehen, warum Enya bei so einem wunderbaren Stil so viele Absagen kassiert! Der große Twist in "Die Welt durch deine Augen" und ich hatten eine sehr seltsame Art, uns kennenzulernen. Noch bevor ich mit dem Lesen begann, hatte ich eine Ahnung, welches Geheimnis Janosch verbirgt. Je mehr Seiten ich verschlang, desto unsicherer wurde ich allerdings. Meine Vermutung wurde immer unrealistischer, sodass ich schnell selbst nicht mehr an sie glaubte. Zurecht? Das möchte ich an dieser Stelle nicht verraten, aber eines kann ich sagen: Sarah Heine hat den Twist sehr geschickt in ihren Roman integriert. Je näher die letzten Seiten rückten, desto schwieriger wurde es für mich, mit Enya Schritt zu halten. Sie macht in "Die Welt durch deine Augen" viele Veränderungen durch, die sicherlich nicht leicht zu verarbeiten sind. Trotzdem bekam ich Schwierigkeiten damit, Enyas Verhalten zu verstehen und Verständnis für ihre Handlungen zu haben. In ein, zwei Szenen wurde mir Enya sogar richtig unsympathisch. Aber zum Glück war diese Phase nur von kurzer Dauer, sodass ich "Die Welt durch deine Augen" mit einem Lächeln auf den Lippen zuschlagen konnte und auch rückblickend kaum ein schlechtes Wort über Enya verlieren kann. Fazit: "Die Welt durch deine Augen" umfasst gerade einmal 316 Seiten und ist damit sicherlich nicht als Schmöker zu bezeichnen. Doch die vielen Gefühle, die Sarah Heine in die Geschichte hat einfließen lassen, übertrumpfen so manchen Roman, der doppelt so viele Seiten umfasst. Die Geschichte um Enya und Janosch ist bittersüß, romantisch und ehrlich und bietet all jenen wunderbare Lesestunden, die verstehen, wie viel Mut Veränderung kostet - und wie viel Kraft es braucht, für sich selbst und seine Träume einzustehen.

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