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Simone Scamander

Posted on 1.2.2020

Worum geht's? Es war ein wunderbarer Abend, damals auf der Party. Luce und Trevor hatten wahnsinnig viel Spaß miteinander, bis sie sich küssten und das Feuer ausbrach. Das ist alles, was Luce den Polizisten von jenem Abend erzählen kann, an dem Trevor starb. Da niemand an ihre Unschuld glauben kann und Luce in den ärztlichen Akten eine schwierige Vergangenheit hat, wird sie auf die "Sword & Cross" geschickt; eine Schule für "schwierige Teenager". Luce fühlt sich wie in einem Gefängnis: Ihr Fenster ist mit Gitterstäben verriegelt, sie darf nur einmal in der Woche für eine Viertelstunde telefonieren und ein Handy ist sowieso verboten. Sie vermisst ihr altes Leben, ihre Eltern, ihre beste Freundin. Wenn doch nur dieser schreckliche Abend nicht gewesen wäre! Aber dann lernt Luce Daniel kennen. Ab der ersten Sekunde fühlt sie sich mit ihm verbunden, als würden sie sich schon ewig kennen. Dieses Gefühl beruht allerdings nicht auf Gegenseitigkeit, denn Daniel geht ihr konsequent aus dem Weg. So schnell gibt Luce jedoch nicht auf. Zusammen mit ihrer neuen Freundin Penn versucht sie, über Daniels Vergangenheit nachzuforschen. Dabei entdeckt sie Dinge, die ein gesunder Menschenverstand nicht glauben kann... Kaufgrund: Ich bin eher zufällig auf "Engelsnacht" von Lauren Kate gestoßen und es steht schon seit langer Zeit in meinem Regal. Nachdem bei cbt nun die Fortsetzung "Engelsmorgen" erschien, wurde ich doch neugieriger auf Kates Debütserie. Meine Meinung: Titel und Klappentext sagen viel über ein Buch aus. Durch sie können wir uns einen ersten Eindruck über die Handlung und die Charaktere bilden und entscheiden, ob die Geschichte wirklich etwas für uns ist. Als ich "Engelsnacht" damals in einer Buchhandlung das erste Mal in die Hand nahm, wurde ich schnell neugierig. Klappentext und Titel versprachen eine aufregende und emotionale Liebesgeschichte, die sich mit einem bisher untypischen mystischen Wesen beschäftigte: dem Engel. In der breiten Masse des Genres freut man sich immer, wenn etwas völlig Neues in der Buchhandlung auftaucht, das nicht auf den Mainstream-Zug aufspringt. Das waren zumindest meine Gedanken, bevor ich mit dem Lesen begann. Durch einen drastischen Prolog und die geheimnisvollen, spannenden ersten Kapitel war ich schnell von "Engelsnacht" verzaubert. Lauren Kates Geschichte, ihre Charaktere und die ungewöhnliche Umgebung haben mich augenblicklich in ihren Bann gezogen. Sofort war ich in einem Lesefluss gefangen, der mich beharrlich dazu aufforderte, weiterzulesen. Meine anfängliche Euphorie sollte jedoch nicht von langer Dauer sein. Nach dem großartigen Start verfällt die Geschichte in den typischen Trott: das bisher unscheinbare Mädchen trifft auf den unnahbaren Jungen. Sie spürt sofort eine besondere Verbindung zwischen ihnen, aber Er hält sie auf Distanz, lässt sie nicht an sich heran. Wie es dann weitergeht, wissen wir alle - und ja, "Engelsnacht" verläuft genau so. Es gibt einige Momente, in denen die Geschichte wahrlich an Fahrt gewinnt und durch großen Nervenkitzel einige Pluspunkte sammeln kann. Leider gibt es von ihnen viel zu wenige, denn Kate hat sich vorrangig auf die anbändelnde Liebesgeschichte zwischen Luce und Daniel konzentriert. An sich ist ihr diese auch gut gelungen, daran möchte ich gar nichts aussetzen! Schließlich setzt Kate sehr viel Gefühl in diese Beziehung und bringt damit jedes sentimentale Leserherz zum Träumen und Dahinschmelzen. Es sind mehr die Pausen zwischen den spannenden und emotionalen Szenen, die den Roman oft langatmig erscheinen lassen. Hier plätschert die Handlung bloß unnütz vor sich hin. Auch die Entwicklung der Geschichte ist ein maßgeblicher Kritikpunkt. Schuld daran sind Titel und Klappentext! Während für uns Leser ab der ersten Seite klar ist, dass Engel vorkommen werden, kommt Luce erst im letzten Viertel des Romans auf solch eine Vermutung. Lauren Kate hat diese Tatsache geschickt umschrieben und versteckt, sodass jeder Leser gespannt mit Luce mitgerätselt hätte - wenn da nicht Titel und Klappentext gewesen wären... Die siebzehnjährige Lucinda Price, genannt Luce, ist die Protagonistin des Romans. Seit einigen Jahren wird sie mit Psychopharmaka behandelt, weil sie sich von Schatten verfolgt fühlt. Trotz ihrer Einbildungen war ihr Leben bisher in Ordnung; sie war stets eine liebe und gute, wenn auch zurückgezogene Schülerin - bis eines Abends der Junge, der sie mochte, zu Tode kam. Luce wird auf die "Sword & Cross" geschickt, eine Schule für die "harten Fälle". Durch ihre schwierige Vergangenheit und ihren aufrichtigen Charakter wurde Luce für mich schnell zu einer vielversprechenden Protagonistin, und ich habe mich sehr darauf gefreut, sie durch "Engelsnacht" zu begleiten. Leider wurde mir schnell klar, dass es sich bei ihr wie mit der Handlung verhalten sollte. Nach dem tollen Auftakt wird auch Luce zu einem genretypischen Mädchen, das man mit einigen Hauptcharakteren aus anderen Büchern vergleichen kann. Sie handelt nur noch gefühlsorientiert und zum Schluss musste ich sogar einige Male den Kopf schütteln, so unverständlich war ihr Tun für mich. Auch wenn Luce sich in eine gewöhnliche Richtung entwickelt - die Nebencharaktere tun es nicht! Als Schüler des "Sword & Cross" haben sie alle ihre Laster zu tragen, sonst wären sie schließlich nicht dort. Welche Geschichte aber hinter ihnen stecken, erfährt man (wenn überhaupt) erst sehr spät. Durch ihre geheimnisvolle Art weckt jeder einzelne von ihnen eine starke Neugierde, sodass man unbedingt mehr von ihnen lesen möchte. Lauren Kate kommt diesem Wunsch nur zu gerne nach. Von der ausgeflippten Arriane über die "normale" Penn bis hin zum Charmeur Cam - jeder dieser kreativen und individuellen Charaktere spielt eine wichtige Rolle. Der Einzige, der zwischen all den begeisternden Nebenfiguren aus der Reihe tanzt, ist Lucindas Schwarm Daniel. Er ist zwar ein ausgesprochen sympathischer Kerl, aber insgesamt viel zu perfekt. Cover: Was auf den ersten Blick wie ein typisches Cover im Gothic-Stil aussieht und mich vor dem Lesen nicht sonderlich überzeugen konnte, begeistert mich nach der letzten Seite des Romans umso mehr. Die darauf abgebildete Szene ist entscheidend und kommt mehr als einmal in der Geschichte vor. Glücklicherweise hat der Verlag beschlossen, das amerikanische Originalcover beizubehalten, denn die ursprünglichen Grafiker haben hier ganze Arbeit geleistet. Fazit: "Engelsnacht" betrachte ich mit gemischten Gefühlen. Einerseits ist es ein interessanter - mir hat die Grundidee wirklich gut gefallen! - und emotionaler Serienstart. Leserinnen mit einem Hang zu Liebesgeschichten sind hier auf jeden Fall an der richtigen Stelle! Andererseits bietet der Roman wenig Neues und zieht sich in die Länge, da der Titel das große Geheimnis bereits vor dem Lesen gelüftet hat. Insgesamt vergebe ich für diesen durchschnittlichen Start 3 Lurche.

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