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Simone Scamander

Posted on 1.2.2020

Worum geht's? Nach dem tödlichen Verkehrsunfall ihrer Eltern ziehen Kate und ihre Schwester Georgia zu ihren Großeltern nach Paris. Während Georgia im Nachtleben nach Ablenkung sucht, bleibt Kate mit ihrer Trauer lieber für sich allein und geht kaum aus dem Haus. Der Verlust ihrer Eltern sitzt noch immer viel zu tief. Es braucht Wochen, bis Kate den Mut und die Kraft findet, endlich einen Fuß vor die Tür zu setzen. Und dann lernt sie Vincent kennen. Vincent, der ihr erkaltetes Herz wieder zum Schlagen bringt. Langsam, aber sicher beginnt Kate, wieder zu leben. Doch dann kommt es zu einem schrecklichen Unfall, durch den Vincents bester Freund ums Leben kommt. Kate ist verstört, denn Vincent scheint Jules Tod völlig egal zu sein. Entsetzt verkriecht sie sich wieder in ihr Schneckenhaus und will Vincent nie wieder sehen. Aber dann geschieht das Unmögliche: Kate begegnet durch einen Zufall dem quicklebendigen Jules... Was für ein abscheuliches Spiel wird hier gespielt? Kate will endlich die Wahrheit erfahren und stellt Vincent zur Rede, der ihr ein Geheimnis offenbart, das unglaublicher kaum sein könnte. Kaufgrund: Das ungewöhnliche Setting hat mich so neugierig auf Amy Plums Debüt gemacht. Okay, ich gebe zu, dass das wundervolle Cover nicht ganz unschuldig daran war, dass ich überhaupt auf "Von der Nacht verzaubert" aufmerksam geworden bin... Meine Meinung: Paris, die Stadt der Liebe - Debütautorin Amy Plum entführt uns in ihrem Trilogieauftakt "Von der Nacht verzaubert" in die wunderschöne Metropole, die wortwörtlich verzaubern kann! Der unbeschreibliche Charme dieser Stadt, die romantische Atmosphäre und die Magie der Liebe, die in Paris durch die Luft schwirrt, machen Frankreichs Hauptstadt unvergesslich! Als bekennender Fan habe ich große Erwartungen an Amy Plum gestellt, schließlich ist Paris ein für das Genre doch sehr ungewöhnlicher Schauplatz: Würde es ihr gelingen, den Zauber der Stadt in ihrem Roman einzufangen? Neugierig schlug ich das Buch auf und durfte schnell feststellen: Ja! Die Atmosphäre hat tatsächlich eine besondere, eine magische Note, die zu gefallen weiß. Leider sollte ich jedoch ebenso schnell erkennen, dass Plums Debüt in anderer Hinsicht eher weniger begeistern würde... Ein zurückhaltendes Mädchen, das sich ihrer atemberaubenden Schönheit nicht bewusst ist, zieht gezwungenermaßen in eine andere Stadt. Dort lernt sie den unnahbaren, ebenso wunderschönen Jungen kennen, der in ihr Gefühle erweckt, die sie niemals für möglich gehalten hätte. Beide fühlen sich voneinander angezogen, wissen aber, dass ihre Liebe nicht sein darf. Denn er ist untot. - Nein, ich gebe hier nicht den Inhalt einer bekannten Buchreihe wieder, ich bin immernoch bei "Von der Nacht verzaubert". Die Parallelen sind nicht zu leugnen (und das war erst der Anfang). Die Autorin hat zwar selbst angegeben, von einer anderen Buchserie zu ihrer Romanreihe inspiriert worden zu sein, aber muss man dann gleich den ganzen Handlungsverlauf übernehmen, der schon in so vielen Büchern des Genres durchgekaut wurde? Was die seltenen Leser sicherlich noch begeistern kann, ist für Vielleser mehr als ernüchternd. Auch der Rest der Geschichte ist sehr einfach und offensichtlich gestrickt, sodass man stets weiß, wie es weitergeht. Ich könnte stundenlang darüber nachdenken, warum Amy Plum sich keinen von Grund auf neuen Plot überlegt hat. Dass sie genügend Fantasie dazu besitzt, hat sie schließlich mit ihrer Idee der Revenants bewiesen. In die Entwicklung dieser übernatürlichen Wesen, einer Mischung aus Zombies und Schutzengeln, hat die Autorin viel Herzblut gesteckt - und das spürt man! Wenn es um ihre Fähigkeiten geht, können die Revenants sicher nichts "noch nie Dagewesenes" bieten. Trotzdem ist ihr Gesamtpaket stimmig. Sie machen neugierig, man möchte gerne mehr über sie, ihre Kräfte und ihre Hintergründe erfahren. Wenn Amy Plum ebenso viel Mühe in ihren Plot wie in die Revenants gesteckt hätte, wäre "Von der Nacht verzaubert" ein grandioser Auftakt geworden. Je näher das Ende des Romans rückt, desto größer wird die unerwartete Überraschung: "Von der Nacht verzaubert" gibt noch einmal richtig Gas! Nachdem die Handlung bisher wie ein Bächlein vor sich hin plätscherte, reißt sie einen plötzlich wie ein Wildwasserstrom mit und davon. Zugegeben: Was genau passiert und wie sich der Showdown entwickelt, war bei dem durchsichtigen Plot schon lange zu erahnen. Aber die Art und Weise, wie die Autorin diese letzten Szenen umgesetzt hat, verschlägt einem die Sprache! Es wird so extrem, brutal und blutig, dass man sich sogar für einen kurzen Moment fragt, ob man noch dasselbe Buch in den Händen hält. Kate, sechszehnjährige Protagonistin und Erzählerin, ist ein gebrochenes Mädchen. Der plötzliche Tod ihrer Eltern hat die ohnehin zurückhaltende junge Frau noch vorsichtiger gemacht. Seitdem wird sie von Verlustängsten geplagt, die ihr Leben maßgeblich bestimmen. Um sich von ihrer Trauer abzulenken, sucht sie Zuflucht in der Welt der Bücher. Besonders der letzte Punkt ruft bei uns Lesern doch so starke Sympathiepunkte hervor, dass eigentlich nichts mehr schief gehen dürfte. Eigentlich. Man sollte allerdings auch davon ausgehen können, dass Kate als Protagonistin eindringlich durchleuchtet wird. Bedauerlicherweise blieb Kate während des ganzen Romans eine Persönlichkeit, die man in einem Wort zusammenfassen kann: Perfekt. Sie ist so wunderschön und liebenswert, dass jeder um ihre Gunst buhlt. Selbstverständlich ist sie auch zu Dingen in der Lage, die sonst niemand kann. Von ihrem Charakter bekommt man kaum eine Kostprobe, da sie sich in ihren Gedanken nicht selbst reflektiert, sondern in ihren Gefühlsanalysen für Vincent verliert. Ecken und Kanten hätten Kate viel besser gestanden als ihre Makellosigkeit, denn so wäre es wenigstens möglich gewesen, sich mit ihr zu identifizieren und mitzufühlen. Kates große Liebe, der mysteriöse Vincent, ist für mich die größte Enttäuschung an "Von der Nacht verzaubert". Während Kate seinem Charme bereits bei der ersten Begegnung erliegt, bin ich von Mr. Großartig noch immer genervt. Lieber Vincent, nimm' es bitte nicht persönlich, denn im Grunde bist du bloß ein ganz netter Kerl, der seiner Freundin die Sterne vom Himmel holen will. Dass ich dir überhaupt nicht gerne begegnet bin, liegt einfach an der Art, wie du dargestellt worden bist. Kates ausführliche "Oh, er ist so wunderschön"- und "Oh, er bringt alles in mir zum prickeln"-Beschreibungen, die sich seitenlang anfühlten, waren schon grenzwertig. Aber als dann das Wort "gottgleich" fiel, habe ich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen müssen. Du hättest mir wenigstens den Gefallen tun können, ein paar Fehler an dir zu aufzeigen. Sorry, Vincent, aber als unrealistischer "gottgleicher" Kerl in jeglicher Hinsicht konnte ich leider nicht viel mit dir anfangen! Selbst die Nebencharaktere, in die ich sonst immer meine größten Hoffnungen stecke, konnten mich diesmal nicht für sich gewinnen. Genauso wie die Hauptcharaktere sind auch sie zu glatt und makellos. Bis auf ein paar wenige Informationen über die Vergangenheit erfährt man nichts von ihnen, wodurch jeder von ihnen eine oberflächliche Figur bleibt, der es an Tiefe fehlt. Bloß zwei Charaktere stechen aus der Masse heraus: Charles, der sich mit seinem Schicksal nicht abfinden will, und Kates Schwester Georgia, die Partyqueen. Sie bringen das Geschehen in den entscheidenen Momenten ins Rollen, fallen durch ihre naive Art allerdings eher negativ auf. Charlotte, Charles Zwillingsschwester, ist die einzige, die mich mit ihrer aufgeweckten Art für sich gewinnen konnte. Obwohl der Trilogieauftakt viele Fehler hat, kann ich nicht behaupten, dass es keinen Spaß gemacht hätte, "Von der Nacht verzaubert" zu lesen. So zaghaft und unspektakulär die Geschichte auch vorangeschritten sein mag, ich wollte keine Pause einlegen und habe sie in einem Rutsch durchgelesen. Grund dafür ist Amy Plums lockerer und flüssiger Schreibstil, der ein kleines Wunder vollbringen konnte: Er hat es geschafft, mich trotz allem vollkommen mitzureißen. Cover: Was für ein Hingucker! Über ein derart künstlerisches Cover durften wir uns schon lange nicht mehr freuen! Umso mehr freut es mich, dass es zudem so gut gelungen ist. Wundervolle Farben und noch wunderschönere Verzierungen machen "Von der Nacht verzaubert" auf jeden Fall zu einem Coverkauf!. Fazit: "Von der Nacht verzaubert" worden bin ich leider nicht! Dabei haben mir die Idee hinter den Revenants und der mitreißende Schreibstil der Autorin so gut gefallen - und erst die Atmosphäre! Leider enttäuschten die viel zu perfekten Charaktere und der durchsichtige Plot, der viel zu viele Parallelen aufweist. Es ist wirklich schade, dass Plum aus ihrem Debüt mit so großem Potenzial bloß eine amüsante Lektüre für Zwischendurch herausgeholt hat. "Von der Nacht verzaubert" macht zwar Spaß und liest sich beinahe in einem Ruck, aber umhauen kann es leider nicht! Ich vergebe 3 Lurche.

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